2006 wurden erstmals PCBs
im Grünkohl der Kleingärten in der Nordstadt gefunden.
Ursache zunächst unbekannt. Die Behörden verdächtigten
offiziell die Schrottverwerter im Hafen. Im Nov. 2009 konnte DIE
LINKE im Umweltausschuss erstmals einen Zusammenhang zwischen Envio
und den erhöhten PCB-Werten herstellen. Danach ging alles ganz
schnell: Blutproben, Bodenproben und 360 vergiftete Arbeiter,
Angehörige und Anwohner. Der bundesweit größte
PCB-Skandal war aufgedeckt. Bereits in der ersten Jahreshälfte
2010 wurde Envio stillgelegt.
Wie sehr der PCB-Skandal ein Kleinkrieg
einzelner Politiker und Journalisten, die hier richtige
Detektivarbeit leisteten, mit den Behörden und dem Rest der
Politik war, ist aber nur wenig bekannt. Dazu einige Fakten aus
linker Sicht:
1) Einen Monat nach Bekanntwerden eines
Zusammenhangs zwischen Envio und der PCB-Belastung am Hafen erteilte
die Dortmunder Wirtschaftsförderung und der Landesumweltminister
Envio den Ökoprofil-Umweltpreis. Proteste der Linksfraktion im
Stadtrat führten zu einer Rücknahme der Preisvergabe.
2) DIE LINKE hat Anfang 2010
Blutuntersuchungen bei Envio-Arbeitern angeregt. Das Gesundheitsamt
wiegelte ab: Das sei Panikmache. Kurz darauf ließen sich zwei
Arbeiter privat untersuchen. Ergebnis: gewaltige PCB-Werte. Das
Gesundheitsamt musste nun im großen Stil untersuchen. Panne bei
den Untersuchungen: Rund die Hälfte der Blutproben waren falsch
etikettiert und damit wertlos. DIE LINKE bestand erfolgreich auf
einer Wiederholung der Untersuchung.
3) Auf Druck der Linksfraktion musste
die Bezirksregierung 2010 eingestehen, dass PCB-Kondensatoren aus
alten sowjetischen Raketenbasen in größerer Anzahl zwar in
Kasachstan abgeschickt wurden, aber nicht vollständig in
Dortmund angekommen sind. Verbleib bis heute unbekannt.
Genehmigungsbehörde: Bezirksregierung Arnsberg. Polen als
Transitland hatte gegen die Transporte protestiert. Der kasachische
Umweltminister sitzt wegen der Geschäfte mit Envio im Zuchthaus.
4) Der umweltpolitische Sprecher der
Linken Ratsfraktion erstattet Anzeige gegen die Bezirksregierung
wegen des Verdachtes auf Beihilfe zu einer Umweltstraftat und zur
Körperverletzung. Die Ermittlungen werden ein Jahr später
ergebnislos eingestellt. Daraufhin stellt DIE LINKE im Juli 2011
Dienstaufsichtsbeschwerde gegen die Staatsanwaltschaft Dortmund, weil
genehmigungspflichtige Anlagen mit Duldung der Bezirksregierung
jahrelang ungenehmigt betrieben wurden. Anfang 2012 teilt die
Generalstaatsanwaltschaft in einem ausführlichen Brief mit, dass
das Verwaltungsrecht die Ermessensentscheidungen der Beamten vor
Strafverfolgung schütze. Eine Verfolgung nach dem Dienstrecht
sei möglich, aber nicht Sache der Staatsanwaltschaft. Eine
dienstrechtliche Innenrevision des Regierungspräsidenten (SPD)
hatte für die Beamten im Fall Envio keine nennenswerten Folgen.
5) DIE LINKE erwirkte 2011 gegen den
Widerstand der Bezirksregierung einen Beschluss des
Umweltausschusses, dass die Stadtverwaltung die Berufsgenossenschaft
zu Untersuchungen von LKW-Fahrern im Anlieferverkehr von Envio
veranlassen soll. Die Verwaltung weigert sich bis heute den Beschluss
umzusetzen. Ehemalige Envio-Arbeiter berichten, dass diese LKW-Fahrer
beim Entladen der PCB-Materialien beteiligt waren und teilweise sogar
in verseuchten Hallenteilen übernachtet haben.
6) Als Konsequenz aus dem Skandal
forderte DIE LINKE 2012 mehr Personal im Umweltamt. Die
Wirtschaftsförderung wiegelt ab und verheddert sich im
Datensumpf. Ergebnis: Es kommt heraus, dass die Verwaltung bei der
Vergabe des Erbbaurechtes an Envio 2008 den Stadtrat nicht korrekt
über bereits bekannte Altlasten informiert hat.
7) DIE LINKE deckt 2012 eine
Beteiligung des Konzerns ABB am PCB-Skandal auf und erwirkte gegen
den Widerstand der Ratsfraktionen von CDU, SPD und FDP/Bürgerliste
die Einleitung eines ordnungsrechtlichen Verfahrens durch die Untere
Bodenschutzbehörde wegen Verstößen gegen das
Landesbodenschutzgesetz. Geldstrafe wahrscheinlich.
8) 2010 beantragte DIE LINKE im Rat
eine Prüfung durch das Rechtsamt mit dem Ziel das Firmenvermögen
von Envio für einen Opferentschädigungsfonds
sicherzustellen. Alle anderen Ratsfraktionen lehnten das ab. 2012
beteiligt sich DIE LINKE an der Auflage eines privaten Opferfonds, um im Prozess gegen Enviochef Neupert ein Gegengutachten zu erstellen.