Ein politischer
Reisebericht jenseits unserer Medienmeldungen
Um es vorweg zu nehmen: Der
folgende Bericht hat sicher keine Allgemeingültigkeit für alle Regionen
Ägyptens, sondern spiegelt das wieder, was ich in den Touristenzentren des
südlichen Sinais – insbesondere in Dahab – erlebt und wahrgenommen habe. In
allen drei Urlauben habe ich im gleichen Hotel ein bisschen außerhalb von Dahab
gelebt.
Ich war nun bereits zum dritten Mal in Dahab. Meine erste Reise unternahm ich vor 5 Jahren im Jahr 2008 als Mubarak noch Präsident von Ägypten war. Damals wurde ich auf dem Weg vom Flughafen Sharm-El Sheik bis nach Dahab (2 Stunden Autofahrt) vier Mal an Straßensperren des Militärs angehalten und musste mich einer Personenkontrolle unterziehen. Auf dem Flughafen Sharm-El Scheik patrouillierten Militärs mit Maschinenpistolen, die aber aufgrund ihrer ruhigen und zurückhaltenden Art erstaunlicherweise kaum bedrohlich wirkten, sondern die Sicherheit auf dem Flughafen garantierten.
Ich war nun bereits zum dritten Mal in Dahab. Meine erste Reise unternahm ich vor 5 Jahren im Jahr 2008 als Mubarak noch Präsident von Ägypten war. Damals wurde ich auf dem Weg vom Flughafen Sharm-El Sheik bis nach Dahab (2 Stunden Autofahrt) vier Mal an Straßensperren des Militärs angehalten und musste mich einer Personenkontrolle unterziehen. Auf dem Flughafen Sharm-El Scheik patrouillierten Militärs mit Maschinenpistolen, die aber aufgrund ihrer ruhigen und zurückhaltenden Art erstaunlicherweise kaum bedrohlich wirkten, sondern die Sicherheit auf dem Flughafen garantierten.
In Dahab selbst waren die
Hotels ausgebucht. Neben den Europäern von denen Deutsche, Briten, Italiener,
Tschechen und Russen die größten Anteile hatten, machten auch viele Ägypter vor
allem aus der Metropole Kairo dort Urlaub. Sowohl Kopten als auch Muslime waren
vertreten. Die Frauen waren hochgeschlossen gekleidet und am Strand gingen die
Frauen in voller Gewandung ins Wasser, um die Blicke der Männer nicht zu
verführen. Das Verhältnis zwischen Ägyptern und den auf dem Sinai lebenden
Beduinen schien allerdings nicht zum Besten bestellt, denn diese wurden in
aller Regelmäßigkeit verscheucht und auf Abstand gehalten, was diese durch
Bemerkungen honorierten, dass der Sinai eigentlich ihr Land sei. Wer Kontakt zu
den Einheimischen wollte, musste diesen schon in eigener Regie aufnehmen. Die
Beduinen erzählten ihrerseits von der großen sozialen Not und von einem
informellen Abkommen mit Israel – wer krank oder schwer verletzt ist, wurde von
den Israelis per Hubschrauber zur Behandlung nach Israel gebracht, medizinisch
behandelt und danach wieder zurückgebracht. Die ägyptische Führung kümmerte
sich um das Wohl der Beduinen dagegen ins keiner Weise.
Vor zwei Jahren, also 2011
war ich zum zweiten Mal dort. Mubarak war gerade erst durch eine Revolution
breiter Teile der Bevölkerung abgesetzt worden. Mursi war zu diesem Zeitpunkt
aber noch nicht Präsident Ägyptens. Das Militär war verschwunden. Auf dem Weg
zwischen Sharm-El Sheik und Dahab winkten die desinteressiert wirkenden
Polizisten an zwei Polizeiposten die Transferbusse einfach durch. Das Hotel war
etwa zur Hälfte ausgebucht. Eine demokratische Revolution war den Europäern
offenbar nicht geheuer und sie zogen andere Reiseziele vor, was sowohl von den im
Hotel arbeitenden Ägyptern als auch von den anwesenden Europäern kaum
verstanden wurde.
Doch dann die erste
Überraschung. Mitten im Hotel gab es gut versteckt in einem als Appartmenthaus
getarntem Gebäude eine koptische Kirche. Der Besitzer des Hotels – ebenfalls
ein Kopte – outete sich nach der Revolution und hoffte auf ein Ende der
bisherigen Repression gegen seine Glaubensgemeinde. Die Verwaltung von Dahab
reagierte entsprechend. Sie richtete einen Busshuttle zwischen dem Ort und dem
Hotel ein – nicht der Touristen wegen, sondern damit in Dahab lebende Kopten
die Kirche im Hotel besuchen konnten, denn im Ort gab es keine Kirche.
Touristen aus Kairo waren kaum vorhanden – offenbar waren die Menschen
beschäftigt. Auch das Verhältnis zwischen Beduinen und Ägyptern schien sich
verbessert zu haben. Anstatt die Beduinen zu verjagen hatte man sich
arrangiert. In geringem Umfang waren Beduinenkinder zum Verkauf von selbst
herstellten Freundschaftsbändchen zugelassen und die Männer warben dafür ihre
Dromedare und Pferde mieten zu können – auch für Ausflüge ins Landesinnere.
Eine gute Einnahmequelle für die Beduinen, die nun ebenfalls vom Tourismus
profitierten.
Und nun im Jahr 2013 war ich
erneut in Dahab. Der zwischenzeitlich demokratisch gewählte Präsident Mursi von
der Muslimbruderschaft war gerade erst vom Militär abgesetzt. Blutige
Auseinandersetzungen mit hunderten Toten in der Region Kairo hatten bereits
stattgefunden. Der Flughafen Sharm-El Sheik wirkte wie eine leere große Halle. Es
gab kaum Touristen. Das Hotel in Dahab war nur zu rund 20% ausgebucht. Auf dem Weg
zwischen Sharm-El Sheik und Dahab gab es wieder verstärkte Polizeistellungen.
Diese winkten aber die Fahrzeuge mit Touristen unbehelligt durch. Dennoch: Die
vor zwei Jahren nur leicht bewaffneten Polizisten waren durch
Maschinengewehrstellungen aufgerüstet worden. Man wollte wohl kein Risiko
eingehen. Entsprechend abgeriegelt war Dahab. Ausflüge ins Innere des Sinai
waren plötzlich aus Sicherheitsgründen verboten.
Überrascht war ich, dass es
mir nicht gelungen ist, einen Gegner des Militärputsches zu finden. Egal wen
man fragte – ob Kopten, Muslime oder Beduinen – alle waren mit der Absetzung
Mursis einverstanden. Die einzigen kritischen Stimmen monierten die
Erschießungen von Muslimbrüdern auf den Demos. Aber Mursi und die Moslembrüder hatten
sich in dieser Region alle Sympathien gründlich verscherzt. Mit dem Putsch
waren die Menschen sehr zufrieden. Nach den Gründen für diese Haltung gefragt
kam zutage, dass Mursi weit davon entfernt war ein Demokrat zu sein und der
Putsch nicht die Demokratie gefährdete, die Mursi ohnehin ad absurdum führte.
Die Verfassungskommission wurde von den Moslembrüdern dominiert und sie nutzen
ihre Mehrheit um zu versuchen aus Ägypten einen islamischen Gottesstaat unter
der Scharia zu machen. Kaum war die Verfassung verabschiedet wurde sie vom
ägyptischen Verfassungsgericht auch gleich wieder einkassiert. Dass die
christlich-orthodoxen Kopten mit einer radikalislamischen Gruppe nichts
anfangen konnten ist geradezu selbsterklärend, aber vor allem die muslimischen
Frauen haben sich inzwischen viele neue Spielräume erkämpft.
Das war auch am Strand zu
sehen. Vorbei die Zeit als ägyptische Frauen in langen Gewändern mehr versuchten
nicht im Meer zu ertrinken als wirklich zu schwimmen. Sie trugen nun nach
westlichem Vorbild Badeanzüge. Und unter den Bediensteten des Hotels gab es
etliche Frauen, die sogar das Kopftuch ablegten und sich gegen spitze
Bemerkungen der Männer sehr erfolgreich zur Wehr setzten. Auf dem Inlandsflug
nach Kairo, wo mein Flieger nach Deutschland auf mich wartete, waren sogar
selbstbewusste muslimische Frauen im Minirock zu sehen. Während des gesamten
Aufenthalts konnte ich nur eine einzige Frau in einer Burka erblicken. Und auch
alleinreisende Frauen gab es nun, die „einfach mal raus“ wollten.
Für das Militär gab es aber
auch ein gewichtiges außenpolitisches Argument Mursi abzusetzen, denn Mursi
hatte zum heiligen Krieg in Syrien aufgerufen. Spätestens zu diesem Zeitpunkt
beschlossen die Militärs die Notbremse zu ziehen. Das war ein Argument, dem ich
immer wieder begegnet bin.