Montag, 10. November 2014

Freiräume für linksorientierte Jugendliche

Sie sehen anders aus. Sie reden anders. Sie trinken Bier in der Öffentlichkeit. Und sie haben was gegen Nazis. In Dortmund halten sich viele politisch linksorientierte in sogenannten Subkulturen auf, die besonders aus dem konservativem Mileau argwöhnisch beäugt werden.


Seitdem ich Politik mache, steht die Forderung dieser Jugendlichen nach einem autonomen sozialen Zentrum im Raum. Bisher jedoch in der Xten Generation Jugendlicher ohne Erfolg.


Zeitweilig versammelten sich Jugendliche der Emo-Szene am Dortmunder Stadtgarten. Sie hörten Musik, sie feierten Partys und sie lachten laut. Und auch der kursgeschorene Rasen wurden hier und da mal betreten. Dies ging so lange bis sich eine Ratsfrau der CDU beschwerte, die fühle sich bei der Anreise zum benachbarten Rathaus von der Anwesenheit der jungen Menschen bedroht. Das Ordnungsamt vertrieb die Emos daraufhin.

Auf der Brückstrasse das gleiche Spiel. Die linke Szenekneipe HirschQ – viel zu klein für ihr Klientel – zieht auch hier Jugendliche und junge Erwachsene an. In so großen Massen, dass sie sich auf der Strasse aufhalten, weil die Kneipe sie häufig nicht aufnehmen kann. Polizei und Ordnungsamt gehen dann gegen dagegen vor und verteilen Platzverweise als würde man dadurch eine Belobigung für die Beamtenlaufbahn erhalten.

So geht das seit Jahren – bei den allfälligen Podiumsdiskussionen an den Dortmunder Schulen zu Wahlkampfzeiten werde ich regelmäßig darauf angesprochen, dass es in Dortmund keine Anlaufstelle gäbe, die dieser Zielgruppe gerecht würde. Das man ein autonomes selbstverwaltetes Zentrum brauche. Die Durchsetzung dieses Zentrums ist seit Jahren Teil des Kommunalwahlporgrammes der LINKSPARTEI. Die Durchsetzung ist angesichts der Mehrheitsverhältnisse im Dortmunder Rat aber nicht leicht.


Nun ist Bewegung in die Sache gekommen – einige hundert junge Menschen haben die Dinge in die eigene Hand genommen. Sie gründeten das Zentrum Avanti – zunächst noch ohne Raum. Dann besetzten sie die marode Albertus-Magnus-Kirche in der Nordstadt. Und sie begannen sie wieder herzurichten – stellten Blumenkübel auf und führten einfach Reparaturen durch. Die Anwohner begrüßten die Initiative und versorgten die Avantis mit Getränken und Nahrung, ließen sie ihre sanitären Einrichtungen benutzen. Die katholische Kirche verkündete, dass sie keine rechtliche Schritte einleiten wolle und die Besetzung dulden würde. Allerdings nur auf Zeit, denn ein Investor für den Abriss der Kirche und den Neubau einer interkulturellen Kindertagesstätte stünde schon in den Startlöchern.

Also eine Erfolgsstory ? Nur teilweise – die Avantis haben in diesen Tagen deutlich gemacht, was gehen könnte, wenn man sie machen ließe. Allerdings hatte die Polizei schon Gegenmaßnahmen getroffen – unter ihrem Schutz wurde eine erfolgreich blockierte Nazidemo aus der Innenstadt direkt vor das besetzte Gebäude gelotzt. Leider fand sich auch passend dazu ein Steinewerfer, so dass es gelang unter dem Vorwand der Ermittlungen wegen des Steinwurfs die Albertus-Magnus-Kirche zu räumen – gegen den erklärten Willen des Besitzers.


Bald darauf wurde nach Vorberatungen mit verschiedenen Akteuere ein runder Tisch einberufen. Mit an Bord waren neben den Avantis das Quartiersmanagement der Nordstadt, der Obmann der Stadt für die Nordstadt, der Dortmunder Mieterverein, die katholische Kirche, ein Vertreter der SPD, eine Vertreterin der Grünen Ratsfraktion und ein Vertreter der Fraktion DIE LINKE & PIRATEN. Im Ergebnis wurde die politische Initiative gesucht. Der SPD-Vorstand beauftragte die SPD-Ratsfraktion mit Grünen und LINKEN in dieser Sache zusammen zu arbeiten. Und so wurde ein gemeinsamer Antrag der drei Fraktionen in den Ausschuss für Finanzen, Beteiligungen und Liegenschaften eingebracht.


Dieser war allerdings sehr weichgespült formuliert worden, wie ein SPD-Ratsvertreter in Richtung der eigenen Fraktion treffend formulierte. Verbale Angriffe von CDU, FDP und AfD auf das Vorhaben wurden von Grünen, LINKEN und Sozialdemokraten argumentativ abgewehrt. Der Antrag wurde mehrheitlich beschlossen.

Nun liegt der Ball vorerst im Feld der Verwaltung – und bei Avanti selbst. Ein belastbares Betriebskonzept muss her und eine Immobilie. Vielversprechende Ansätze dazu sind vorhanden und vielleicht wird ja tatsächlich die Neverending Story um ein autonomes soziales Zentrum zu einer Erfolgsgeschichte für die Nordstadt. Denn einen Umsonstladen, eine Umsonstfahradwerkstadt für Menschen ohne Geld und ein Veranstaltungszentrum für Linke Subkultur wäre eine deutliche Bereicherung. Und nicht zuletzt auch ein Schutz der Nordstadt vor den Aktivitäten von Neonazis.

Dienstag, 24. Juni 2014

Naziangriff auf die Demokratie: „Mit einem Schlag ins Rathaus“ – ein Augenzeugenbericht


von Utz Kowalewski


Auf der Wahlparty der Linkspartei herrschte am 25. Mai ausgelassene Stimmung. Immerhin hatte DIE LINKE die Kommunalwahlen klar gewonnen, ihre absoluten Wählerstimmen im Vergleich zur Wiederholungswahl 2012 nahezu verdreifacht und ihre Ratsmandate immerhin verdoppelt. Doch dann bekam der Abend eine ganz andere Wendung, die die Kommunalwahlen in den Hintergrund treten ließ.

Zunächst betrat ein zweiköpfiger Neonazis-Erkundungstrupp den Friedensplatz. Bekleidet mit gelben T-Shirts, die für eine vom Innenminister verbotene Neonaziorganisation warben, drucksten sich die zwei Nazis an der der Innenstadt zugewandten Häuserfront entlang. Ein Ruf drang in die Bürgerhalle „Die Nazis kommen“. Ich bin daraufhin vor die Tür getreten und habe diesen ersten Erkundungstrupp beobachtet. Die beiden Nazis erreichten schließlich den äußersten Rand der Rathaustreppe nahe einer italienischen Pizzeria.

Es kam zu einer verbalen Auseinandersetzung mit mehreren Rauchern, die ein wenig Abseits standen. Vor dem Rathaus standen bereits eine größere Anzahl von Menschen, die sich überwiegend zum Rauchen dort aufhielten (Im Rathaus gilt ein striktes Rauchverbot). Einige Personen aus der Menge kam den unter Druck gesetzten Menschen ohne Zögern zu Hilfe, worauf sich die beiden Nazis sofort im Laufschritt zurückzogen.


Ich bin augenblicklich erneut ins Rathaus gegangen und habe die Mitarbeiter an der Rathauspforte aufgefordert sofort die Polizei darüber zu unterrichten, dass sich Nazis auf dem Weg zum Rathaus befinden und die Situation zu eskalieren droht. Dies ist dann auch geschehen.


Ein paar Minuten später betrat eine 6-köpfige Nazigruppe den Friedensplatz und hielt sich wartend im hinterem Bereich des Platzes auf. Ich beobachtet die Szenerie mit Argwohn. Inzwischen kamen die ersten Rettungswagen auf dem Friedensplatz an, die offenbar den Notrufen gefolgt waren. Ich wurde unabhängig voneinander von mehreren Personen angesprochen, die mich auf ein Fahrzeug des Staatsschutzes aufmerksam machen wollten, dass sich offenbar direkt nach Ankunft der beiden ersten Nazis vom Friedensplatz zurückgezogen hatte. O-Ton: "Die sind einfach abgehauen".


Als die Gruppe der knapp 30 gewaltbereiten Nazis vollzählig war, bewegten sie sich rassistische Parolen grölend in Marschformation auf den Eingang des Rathauses zu. Dort hatten sich viele Menschen zu einer Menschenkette untergehakt, um ihre demokratische Gesinnung zu demonstrieren und den Nazis zu signalisieren, dass sie im Rathaus nicht willkommen sind. Die Nazis gingen ohne weitere verbale Auseinandersetzung sofort auf die Menschenkette los und schlugen Mitglieder des Rates, Mitglieder der Bezirksvertretungen oder von den Fraktionen des Rates eingeladene Gäste. Auch wurde von Seiten der Nazis sehr schnell Pfefferspray eingesetzt, als klar wurde, dass die angesichts der Bedrohungssituation äußerst diszipliniert und besonnen agierende Menschenkette diesen Angriffen standhielt. Ein Bezirksvertreter von DIE LINKE wurde ins Innere des Rathauses weggeführt, weil ihm Pfefferspray direkt ins Gesicht gesprüht worden war und musste medizinisch behandelt werden. 


Es folgten mehrere weitere Angriffswellen auf räumlich eingegrenzte Bereiche der Menschenkette, die systematisch versucht haben die Schwachstellen ausfindig zu machen. Ziel der Nazis war es augenfällig sich gewaltsam Zutritt zum Rathaus zu verschaffen. Das Ratsmitglied der Rechten Borchart nahm an den Angriffen nicht selbst teil, koordinierte aber die gewaltsamen Angriffe auf die Menschenkette und gab seinen Schlägern Anweisungen, wo sie als Nächstes angreifen sollten.


An einer Stelle gelang den Nazis dann der gewaltsame Durchbruch bis zur Rathaustür, die Menschenkette wurde gesprengt und die Gewalttätigkeiten der Nazis wurde noch einmal heftiger. Eine Frau wurde an ihren Haaren gegen die Wand des Ratshauses geschleudert. Nach diesem Vorstoß bis zur Tür konnten sie aus dem Innenraum heraus allerdings wieder zurückgedrängt werden. Ein einzelner Nazi konnte allerdings bis in den Innenraum des Ratshauses vordringen und wurde von dort aus wieder gewaltfrei hinaus eskortiert.


Nach dieser Aktion wurde die Menschenkette zahlenmäßig aus dem Innenraum weiter verstärkt und ein Durchkommen für die Nazis unmöglich. Nun skandierten beide Seiten Parolen. Die Nazis provozierten mit volksverhetzenden Inhalten. Die Demokraten reagierten mit Sarkasmus: „Ohne den Verfassungsschutz seid Ihr nur zu dritt“. Zu dieser Zeit erreichten auch die ersten Polizisten den Friedensplatz – lange nach dem Eintreffen der ersten Rettungswagen, deren Reaktionszeit deutlich kürzer war, als die Reaktionszeit der Polizei.


Diese ersten wenigen Beamten stellten sich dann schützend vor die Menschenkette und hielten die Nazis durch den Einsatz von Schlagstöcken und Pfefferspray auf Abstand. Nach und nach verstärkte die Polizei ihre Einsatzkräfte und schließlich wurden die Rechten von der Polizei eingekreist und später zu den Haltestellen des ÖPNV eskortiert, mit denen sie auch aus Dorstfeld kommend angereist waren.

Montag, 31. März 2014

Stilblüten aus dem Ausschuss für Umwelt, Stadtgestaltung, Wohnen und Immobilien (AUSWI) vom 26.3.2014



Stilblüte 1: Das Umweltamt hat 60 von 90 beantragten Osterfeuern wegen Verstößen gegen die Osterfeuerverordnung nicht genehmigt. Es weist darauf hin, dass das Holz frühestens 14 Tage vor dem Feuer gesammelt werden darf und am Tag des Osterfeuers von Hand umgeschichtet werden muss. Soweit alles ok.

Nun haben aber letzten Mittwoch die Grünen im Umweltausschuss beantragt, dass Osterfeuerholz von Hand umgeschichtet werden müsse, damit keine Tiere zu Schaden kommen. Ok - kann passieren. Was aber nicht passieren sollte ist dann, dass SPD und CDU diesen Antrag ablehnen mit der inhaltlichen Begründung "Ein bisschen Schwund ist immer! Das kann den Leuten nicht zugemutet werden, das von Hand zu machen".

Stilblüte 2: SPD und CDU lehnen den Antrag der LINKSFRAKTION ab, eine Bushaltestelle für den Fussballverein Westfalia Wickede einzurichten. Dies mit der Begründung, dass man ähnliches bereits in der Bezirksvertretung Brackel befürwortet habe. Nein, nicht abgelehnt – befürwortet. Man lehnt also etwas in dem einem Gremium ab, weil man in einem anderem Gremium dafür war. Alles klar ?!



Nachtrag: zur Stilblüte 2: Die Anregung der BV Brackel zur Einrichtung einer Bushaltestelle findet sich im Nahverkehrsplan nicht wieder. Lediglich eine Anregung für die Stadtwerke ist im Anhang enthalten. Ob die Stadtwerke dies umsetzen oder nicht steht in den Sternen. Eine Zustimmung der SPD im Umweltaussschuss hätte eine Aufnahme in den Nahverkehrsplan bewirken können. Interessantes Spiel das hier gegen den Verein gespielt wird.