Sie sehen anders aus. Sie reden anders. Sie trinken Bier in der
Öffentlichkeit. Und sie haben was gegen Nazis. In Dortmund halten
sich viele politisch linksorientierte in sogenannten Subkulturen auf,
die besonders aus dem konservativem Mileau argwöhnisch beäugt
werden.
Seitdem ich Politik mache, steht die Forderung dieser Jugendlichen
nach einem autonomen sozialen Zentrum im Raum. Bisher jedoch in der
Xten Generation Jugendlicher ohne Erfolg.
Zeitweilig versammelten sich Jugendliche der Emo-Szene am
Dortmunder Stadtgarten. Sie hörten Musik, sie feierten Partys und
sie lachten laut. Und auch der kursgeschorene Rasen wurden hier und
da mal betreten. Dies ging so lange bis sich eine Ratsfrau der CDU
beschwerte, die fühle sich bei der Anreise zum benachbarten Rathaus
von der Anwesenheit der jungen Menschen bedroht. Das Ordnungsamt
vertrieb die Emos daraufhin.
Auf der Brückstrasse das
gleiche Spiel. Die linke Szenekneipe HirschQ – viel zu klein für
ihr Klientel – zieht auch hier Jugendliche und junge Erwachsene an.
In so großen Massen, dass sie sich auf der Strasse aufhalten, weil
die Kneipe sie häufig nicht aufnehmen kann. Polizei und Ordnungsamt
gehen dann gegen dagegen vor und verteilen Platzverweise als würde
man dadurch eine Belobigung für die Beamtenlaufbahn erhalten.
So
geht das seit Jahren – bei den allfälligen Podiumsdiskussionen an
den Dortmunder Schulen zu Wahlkampfzeiten werde ich regelmäßig
darauf angesprochen, dass es in Dortmund keine Anlaufstelle gäbe,
die dieser Zielgruppe gerecht würde. Das man ein autonomes
selbstverwaltetes Zentrum brauche. Die Durchsetzung dieses Zentrums
ist seit Jahren Teil des Kommunalwahlporgrammes der LINKSPARTEI. Die
Durchsetzung ist angesichts der Mehrheitsverhältnisse im Dortmunder
Rat aber nicht leicht.
Nun ist Bewegung in die Sache gekommen – einige hundert junge
Menschen haben die Dinge in die eigene Hand genommen. Sie gründeten
das Zentrum Avanti – zunächst noch ohne Raum. Dann besetzten sie
die marode Albertus-Magnus-Kirche in der Nordstadt. Und sie begannen
sie wieder herzurichten – stellten Blumenkübel auf und führten
einfach Reparaturen durch. Die Anwohner begrüßten die Initiative
und versorgten die Avantis mit Getränken und Nahrung, ließen sie
ihre sanitären Einrichtungen benutzen. Die katholische Kirche
verkündete, dass sie keine rechtliche Schritte einleiten wolle und
die Besetzung dulden würde. Allerdings nur auf Zeit, denn ein
Investor für den Abriss der Kirche und den Neubau einer
interkulturellen Kindertagesstätte stünde schon in den
Startlöchern.
Also eine Erfolgsstory ? Nur teilweise – die
Avantis haben in diesen Tagen deutlich gemacht, was gehen könnte,
wenn man sie machen ließe. Allerdings hatte die Polizei schon
Gegenmaßnahmen getroffen – unter ihrem Schutz wurde eine
erfolgreich blockierte Nazidemo aus der Innenstadt direkt vor das
besetzte Gebäude gelotzt. Leider fand sich auch passend dazu ein
Steinewerfer, so dass es gelang unter dem Vorwand der Ermittlungen
wegen des Steinwurfs die Albertus-Magnus-Kirche zu räumen – gegen
den erklärten Willen des Besitzers.
Bald darauf wurde nach Vorberatungen mit verschiedenen Akteuere
ein runder Tisch einberufen. Mit an Bord waren neben den Avantis das
Quartiersmanagement der Nordstadt, der Obmann der Stadt für die
Nordstadt, der Dortmunder Mieterverein, die katholische Kirche, ein
Vertreter der SPD, eine Vertreterin der Grünen Ratsfraktion und ein
Vertreter der Fraktion DIE LINKE & PIRATEN. Im Ergebnis wurde die
politische Initiative gesucht. Der SPD-Vorstand beauftragte die
SPD-Ratsfraktion mit Grünen und LINKEN in dieser Sache zusammen zu
arbeiten. Und so wurde ein gemeinsamer Antrag der drei Fraktionen in
den Ausschuss für Finanzen, Beteiligungen und Liegenschaften
eingebracht.
Dieser war allerdings sehr weichgespült formuliert worden, wie
ein SPD-Ratsvertreter in Richtung der eigenen Fraktion treffend formulierte. Verbale Angriffe von CDU,
FDP und AfD auf das Vorhaben wurden von Grünen, LINKEN
und Sozialdemokraten argumentativ abgewehrt. Der Antrag wurde mehrheitlich
beschlossen.
Nun liegt der Ball vorerst im Feld der Verwaltung
– und bei Avanti selbst. Ein belastbares Betriebskonzept muss her
und eine Immobilie. Vielversprechende Ansätze dazu sind vorhanden
und vielleicht wird ja tatsächlich die Neverending Story um ein
autonomes soziales Zentrum zu einer Erfolgsgeschichte für die
Nordstadt. Denn einen Umsonstladen, eine Umsonstfahradwerkstadt für
Menschen ohne Geld und ein Veranstaltungszentrum für Linke Subkultur
wäre eine deutliche Bereicherung. Und nicht zuletzt auch ein Schutz
der Nordstadt vor den Aktivitäten von Neonazis.
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