Samstag, 28. April 2012

PCB – der Stoff aus dem Alpträume sind


2006 wurden erstmals PCBs im Grünkohl der Kleingärten in der Nordstadt gefunden. Ursache zunächst unbekannt. Die Behörden verdächtigten offiziell die Schrottverwerter im Hafen. Im Nov. 2009 konnte DIE LINKE im Umweltausschuss erstmals einen Zusammenhang zwischen Envio und den erhöhten PCB-Werten herstellen. Danach ging alles ganz schnell: Blutproben, Bodenproben und 360 vergiftete Arbeiter, Angehörige und Anwohner. Der bundesweit größte PCB-Skandal war aufgedeckt. Bereits in der ersten Jahreshälfte 2010 wurde Envio stillgelegt.



Wie sehr der PCB-Skandal ein Kleinkrieg einzelner Politiker und Journalisten, die hier richtige Detektivarbeit leisteten, mit den Behörden und dem Rest der Politik war, ist aber nur wenig bekannt. Dazu einige Fakten aus linker Sicht:

1) Einen Monat nach Bekanntwerden eines Zusammenhangs zwischen Envio und der PCB-Belastung am Hafen erteilte die Dortmunder Wirtschaftsförderung und der Landesumweltminister Envio den Ökoprofil-Umweltpreis. Proteste der Linksfraktion im Stadtrat führten zu einer Rücknahme der Preisvergabe.

2) DIE LINKE hat Anfang 2010 Blutuntersuchungen bei Envio-Arbeitern angeregt. Das Gesundheitsamt wiegelte ab: Das sei Panikmache. Kurz darauf ließen sich zwei Arbeiter privat untersuchen. Ergebnis: gewaltige PCB-Werte. Das Gesundheitsamt musste nun im großen Stil untersuchen. Panne bei den Untersuchungen: Rund die Hälfte der Blutproben waren falsch etikettiert und damit wertlos. DIE LINKE bestand erfolgreich auf einer Wiederholung der Untersuchung.

3) Auf Druck der Linksfraktion musste die Bezirksregierung 2010 eingestehen, dass PCB-Kondensatoren aus alten sowjetischen Raketenbasen in größerer Anzahl zwar in Kasachstan abgeschickt wurden, aber nicht vollständig in Dortmund angekommen sind. Verbleib bis heute unbekannt. Genehmigungsbehörde: Bezirksregierung Arnsberg. Polen als Transitland hatte gegen die Transporte protestiert. Der kasachische Umweltminister sitzt wegen der Geschäfte mit Envio im Zuchthaus.

4) Der umweltpolitische Sprecher der Linken Ratsfraktion erstattet Anzeige gegen die Bezirksregierung wegen des Verdachtes auf Beihilfe zu einer Umweltstraftat und zur Körperverletzung. Die Ermittlungen werden ein Jahr später ergebnislos eingestellt. Daraufhin stellt DIE LINKE im Juli 2011 Dienstaufsichtsbeschwerde gegen die Staatsanwaltschaft Dortmund, weil genehmigungspflichtige Anlagen mit Duldung der Bezirksregierung jahrelang ungenehmigt betrieben wurden. Anfang 2012 teilt die Generalstaatsanwaltschaft in einem ausführlichen Brief mit, dass das Verwaltungsrecht die Ermessensentscheidungen der Beamten vor Strafverfolgung schütze. Eine Verfolgung nach dem Dienstrecht sei möglich, aber nicht Sache der Staatsanwaltschaft. Eine dienstrechtliche Innenrevision des Regierungspräsidenten (SPD) hatte für die Beamten im Fall Envio keine nennenswerten Folgen.

5) DIE LINKE erwirkte 2011 gegen den Widerstand der Bezirksregierung einen Beschluss des Umweltausschusses, dass die Stadtverwaltung die Berufsgenossenschaft zu Untersuchungen von LKW-Fahrern im Anlieferverkehr von Envio veranlassen soll. Die Verwaltung weigert sich bis heute den Beschluss umzusetzen. Ehemalige Envio-Arbeiter berichten, dass diese LKW-Fahrer beim Entladen der PCB-Materialien beteiligt waren und teilweise sogar in verseuchten Hallenteilen übernachtet haben.

6) Als Konsequenz aus dem Skandal forderte DIE LINKE 2012 mehr Personal im Umweltamt. Die Wirtschaftsförderung wiegelt ab und verheddert sich im Datensumpf. Ergebnis: Es kommt heraus, dass die Verwaltung bei der Vergabe des Erbbaurechtes an Envio 2008 den Stadtrat nicht korrekt über bereits bekannte Altlasten informiert hat.

7) DIE LINKE deckt 2012 eine Beteiligung des Konzerns ABB am PCB-Skandal auf und erwirkte gegen den Widerstand der Ratsfraktionen von CDU, SPD und FDP/Bürgerliste die Einleitung eines ordnungsrechtlichen Verfahrens durch die Untere Bodenschutzbehörde wegen Verstößen gegen das Landesbodenschutzgesetz. Geldstrafe wahrscheinlich.

8) 2010 beantragte DIE LINKE im Rat eine Prüfung durch das Rechtsamt mit dem Ziel das Firmenvermögen von Envio für einen Opferentschädigungsfonds sicherzustellen. Alle anderen Ratsfraktionen lehnten das ab. 2012 beteiligt sich DIE LINKE an der Auflage eines privaten Opferfonds, um im Prozess gegen Enviochef Neupert ein Gegengutachten zu erstellen.

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