Mittwoch, 13. März 2013

Ein Vermieterhandbuch gegen Nazis ? Skandalöses aus dem Dortmunder Rat


Als einer meiner Mitarbeiter in der Fraktionsgeschäftsstelle mit der Idee auf mich zu kam, die Stadt dazu zu veranlassen ein Handbuch herauszugeben, dass Vermietern und Verkäufern von Immobilien Ratschläge im Umgang mit potentiellen Neonazis als Mieter oder Käufer ihrer Objekte gibt, hielt ich dies sofort für eine gute Idee. Schließlich hat Dortmund ein gewaltiges Naziproblem, dass nicht mal im Ansatz gelöst ist. Die Erfahrungen aus Dorstfeld und Huckarde, wo Nazis Ladenlokale bezogen hatten und versuchten über den Zusammenzug von Nazis aus dem Umfeld eine ihrer widerlichen „national befreiten Zonen“ zu errichten, die wir aus anderen Städten - besonders in Ostdeutschland - zur Genüge kennen, bestärkte unsere Fraktion die Sache anzugehen. Da sogar der NRW-Innenminister die Dortmunder Nazikameradschaft für so gefährlich hielt, dass er sie als verfassungsfeindliche Organisation verboten hat, erschien das Vorhaben ein unter Demokraten wohl Unstrittiges zu sein – nach Bekanntwerden der Kontakte der Dortmunder Naziszene zu den NSU-Terroristen im Untersuchungsausschuss des Bundestages insbesondere. Ich hätte daher nicht im Traum daran gedacht zu welcher unglaublichen Geschichte sich die Sache aufblasen würde.

Zur Ratssitzung am 14.2.2013 stellten wir also den Antrag ein „Handbuch für Vermieter, Verwalter und Verkäufer - Wie umgehen mit Anmietungs- und Kaufversuchen Rechtsextremer?“ herauszugeben. Kurz vor der Sitzung bat mich der stellv. Fraktionsvorsitzende der SPD um ein Gespräch und bat mich zuzustimmen, den Antrag in den Ausschuss für Umwelt, Stadtgestaltung, Wohnen und Immobilien (AUSWI) überweisen zu lassen. Die SPD sei sich noch uneinig über das Vorgehen, würde den Antrag aber nicht ablehnen wollen. Nach der Überweisung solle man dann etwas gemeinsames im Sinne der Zielsetzung unseres Antrages entwickeln, dass die SPD dann ebenfalls mittragen könne.

Dazu war ich natürlich gerne bereit. Entsprechend habe ich als erster Redner zum Thema in der Antragsbegründung den Vorschlag der SPD aufgegriffen und mich mit einer Überweisung in den AUSWI einverstanden erklärt. Eigentlich hätte die Ratsdebatte an dieser Stelle beendet sein können.

Als Nächstes war jedoch ein älterer Herr von der FDP an der Reihe, der in seine Rede den ganzen angestauten Hass auf Linke Politik in Deutschland legte und DIE LINKE auf eine Stufe mit den Nazis stellte. Dies konnte natürlich so nicht stehen gelassen werden und eine Ratskollegin der Grünen wies den unpassenden Vergleich des FDP-Ratsmitgliedes ebenso deutlich zurück. Der Oberbürgermeister ließ sich in der aufgeheizten Stimmung dazu hinreißen deutlich zu machen, dass er es für einen Grundrechtsverstoß halten würde, ein Handbuch wie vor uns vorgeschlagen herauszugeben, ebenso Ratsmitglieder von der CDU.

Das Ganze gipfelte in einem Eklat: Der Fraktionsvorsitzende der FDP stellte den Wortbeitrag der Grünen Ratsfrau in einem Wortbeitrag wortwörtlich in die Zeit zwischen 1933 und 1945. Auf Bundes- und Landesebene mussten schon Politiker für weniger zurücktreten.

Nach der dann endlich abgeschlossenen und im Niveau unterirdischen Debatte erfolgte dann die besagte Überweisung des Antrages in den AUSWI. Die Sitzungpause des Rates wurde dann vom Oberbürgermeister genutzt um den FDP-Chef ins Gebet zu nehmen und zu einer halbherzigen Entschuldigung gegenüber der Kollegin von den Grünen zu bewegen.


Entsprechend des besprochenen Verfahrens verabredeten sich der Kollege von der SPD und ich eine Woche vor der Sitzung des Ausschusses, um einen konsensfähigen Antrag vorzubereiten. Allerdings kam dann krankheitsbedingt eine kurzfristige Absage des Kollegen, so dass wir den Antrag per E-Mail und telefonisch vorbereiten mussten.

Zwischenzeitlich meldete sich auch die Ausschussvorsitzende von den Grünen in der Sorge, dass es eine ähnliche Schlammschlacht wie im Rat geben könnte, wenn der Antrag unverändert bliebe. Ich informierte sie daher über den aktuellen Stand der Gespräche und stellte den Ersetzungsantrag in Aussicht. Diesen wollten die Grünen nach Aussage der Ausschussvorsitzenden und Fraktionssprecherin dann mittragen.

Die Endabstimmung des Antrages stellte sich dann wieder als etwas zäh heraus. Der Kollege von der SPD hatte mit dem Leiter der Koordinierungsstelle gegen Rechtsextremismus in Dortmund gesprochen und wurde so auf eine Broschüre aus Köln aufmerksam – dort herausgegeben, unter anderem vom kommunalen Wohnungsunternehmen, vom DGB, ver.di und der NGG. Diese befasste sich mit dem Thema der Ladenlokale. Die SPD hatte zu diesem Zeitpunkt bereits beschlossen, dass Thema der Privatwohnungen nicht mit zu verabschieden.

Die Broschüre war allerdings hervorragend und der Antragsentwurf wurde dahingehend modifiziert, diese Broschüre zur Grundlage einer Dortmunder Broschüre zu machen. Zur Absegnung durch seine Fraktion leitete der SPD-Kollege (immerhin ja stellv. Fraktionsvorsitzender) den Antragsentwurf an die SPD-Fraktionsgeschäftsstelle weiter. Dies war bereits am Vortag der Ausschusssitzung.

In der Linken Geschäftsstelle hieß es dann auf die Änderungswünsche der SPD zu warten. Erst am Tage der Ausschusssitzung – am 13.3.2013 - konnten wir durch wiederholte Nachfragen in der SPD-Fraktionsgeschäftsstelle dann die Aussage erhalten, dass die SPD den Antrag gar nicht mittragen wolle, egal in welcher Formulierung. Über diese Aussage verwundert setzte ich den stellv. Fraktionschef der SPD in Kenntnis und dieser war mehr als angefressen und bat mich um Geduld. Er würde das noch regeln.

20 Minuten vor der Sitzung des Ausschusses begegneten wir uns eher zufällig wieder. Bis dahin hatten wir den Antrag immer noch nicht ins Gremiensystem eingestellt. Ich bot an, den kompletten Tagesordnungspunkt zurückzuziehen, wenn es bei der SPD keine Mehrheit dafür gäbe und wollte den Nazis nicht die Genugtuung gönnen, dass gegen sie gerichtete Anträge abgelehnt werden. Doch dieses Angebot hielt der SPD-Kollege für unnötig, weil er sich schon bei seinen Kollegen durchsetzen werde. Wir stellten den Antrag daher ein und gaben ihn als Tischvorlage in die Sitzung.

In der Ausschusssitzung schließlich versuchte die CDU zunächst den Tagesordnungspunkt komplett absetzen zu lassen. Ein kurzer Blickkontakt zur SPD - Kopfschütteln zum Ansinnen der CDU. Zu diesem Zeitpunkt musste ich davon ausgehen, dass der Kollege Erfolg hatte. Die Ausschussvorsitzende der Grünen wies auf unsere Tischvorlage hin und erklärte, dass damit wohl die Bedenken der Ratssitzung ausgeräumt wären. Der Antrag bleib damit auf der Tagesordnung.

Nach Aufruf des Tagesordnungspunktes stellte ich den Antrag in aller Kürze vor. Darauf meldete sich der Vorsitzende der SPD-Ausschussfraktion zu Wort und erklärte, dass die SPD den Antrag ablehnen werde, weil sie rechtliche Bedenken habe. Daraufhin meldete sich die Ausschusssprecherin der Grünen und erklärte Ähnliches (nicht ohne damit Bekundungen von KollegInnen einzuholen, die deren Bauchschmerzen mit dieser Entscheidung erklärten). Im Ergebnis war DIE LINKE die einzige Fraktion, die diesen Antrag unterstützte, während SPD, CDU, Grüne und FDP/Bürgerliste zusammen mit dem Vertreter der NPD gegen den Antrag stimmten.

Freitag, 8. Februar 2013

Hinterzimmerspielchen gegen Geringverdiener

Absprache von SPD und CDU zur Privatisierung der Gebäudereinigung geplatzt

Im Personalausschuss am 31.1. platzte eine Absprache zwischen SPD und CDU aus den Haushaltsberatungen 2013 die Gebäudereinigung der Stadt Dortmund komplett zu privatisieren. Anlass der Debatte war die Beratung eines gegenläufigen Antrages der LINKSFRAKTION, die Gebäudereinigung vollständig in die Regie der Stadt Dortmund zurückzuholen. Derzeit wird die Hälfte der Gebäudereinigung in der Regie der städtischen Immobilienwirtschaft durchgeführt und die andere Hälfte durch private Reinigungsfirmen. 

Der Antrag der LINKEN hatte eine Aussage des Personalberichtes für das Jahr 2011 (im Oktober 2012 dem Personalausschuss vorgestellt) zur Grundlage, nach der eine Gebäudereinigung in der Hand der Kommune um 30% günstiger sei als die Fremdvergabe an Private. Dem gegenüber stand eine Ratsvorlage des Dezernates Lürwer (CDU) nach der eine komplette Privatisierung rund 1,5 Mio. Euro günstiger für den städtischen Haushalt wäre.

In der Debatte des Personalausschusses stellte sich heraus, dass die Aussage des Personalamtes durch einen redaktionellen Fehler zustande kam und sich der 30% Kostenvorteil ausschließlich auf den Bereich der Arbeitnehmerüberlassung (Leiharbeit) bezieht. Allerdings stellte sich auch heraus, dass die Ratsvorlage aus dem Hause Lürwer tendenziös gestaltet und geleitet war von dem Interesse, dem Rat eine Zustimmung zur Privatisierung abzuringen. Eine Einbeziehung von vermehrten Kosten der Unterkunft für die Kommune wurde beispielsweise vergessen.

Folgerichtig teilte OB Sierau der CDU-Fraktion in öffentlicher Sitzung mit, dass die getroffene Vereinbarung nicht mehr gültig sei und die SPD nun beim Status Quo von 50% Eigenreinigung und 50% Fremdreinigung bleiben werde. 

Der Antrag der LINKEN aus Rekommunalisierung wurde allerdings von allen anderen Fraktionen abgelehnt. Dies ist besonders bedauerlich, da viele private GebäudereinigerInnen von ihrem Lohn nicht leben können, sondern trotz Arbeit von Transferleistungen wie Hartz IV abhängig sind. Von den schlechteren Arbeitsbedingungen ganz zu schweigen.

Montag, 26. November 2012

Dortmunder Rat weist Initiative zur Vermögenssteuer zurück

SPD-Fraktion blamiert sich bei Abstimmung zur Vermögenssteuer


Gegen die Stimmen von DIE LINKE und Bündnis90/Die Grünen hat der Dortmunder Rat es abgelehnt, der Initiative „Vermögenssteuer jetzt !“ beizutreten, mit der Druck auf die Bundesregierung entwickelt werden soll, wieder eine Vermögenssteuer zu erheben. Von CDU und FDP war aufgrund ihrer programmatischen Ausrichtung zugunsten der Besserverdienenden in der Gesellschaft nichts anderes als eine Ablehnung zu erwarten. 

Die Ablehnung der SPD-Fraktion war aber eher überraschend, denn damit fällt die Ratsfraktion der SPD im Vorfeld der Bundestagswahlen ihrer Bundespartei programmatisch in den Rücken. Sowohl Parteichef Sigmar Gabriel als auch die Generalsekretärin Andrea Nahles gehören schließlich zu den Erstunterzeichnern der Kampagne, ebenso wie Oskar Lafontaine und Sarah Wagenknecht oder ver.di-Chef Frank Bsirske. Entsprechenden Unmut in den Reihen der SPD-Fraktion gab es daher über das von der Fraktionsspitze vorgetragene Abstimmungsverhalten und ein knappes Viertel der SPD-Ratsmitglieder stimmte gegen ihre eigene Fraktionsspitze dem Antrag der LINKEN zur Vermögenssteuer zu.

Zunächst hatte die finanzpolitische Sprecherin der SPD, Jutta Starke, noch versucht eine Abstimmung über den Antrag zu verhindern, indem sie DIE LINKE darum bat den Antrag zurück zu ziehen. Dies mit der Argumentation, dass die Kommune keinen Einfluss auf die Bundesgesetzgebung habe. DIE LINKEN ersparten der SPD-Fraktion die Peinlichkeit gegen eine von den Bundesparteien der SPD, der Grünen und der LINKEN geforderte Vermögensabgabe abzustimmen allerdings nicht. 

Aus NRW sind inzwischen mehrere Städte wie Duisburg, Herne, Waltrop oder Iserlohn der Kamapne beigetreten. Darüber hinaus arbeiten die Landesregierungen aus NRW, Rheinland-Pfalz, Hamburg und Baden-Württemberg in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) an der Ausgestaltung einer künftigen Vermögenssteuer.

Samstag, 1. September 2012

Wiederholungswahlen in Dortmund oder wenn Demokratie im Endstadium ankommt


Zuerst darf ich mich bei allen Wahlkämpferinnen und Wahlkämpfern bedanken. Wir haben großartige Unterstützung des Landesvorstandes und vieler GenossInnen sowohl aus unserem Kreisverband als auch aus anderen Kreisverbänden erfahren, ohne die der Wahlkampf auf diesem Niveau gar nicht durchführbar gewesen wäre. 100.000 Knallrot-Wahlkampfzeitungen und 32.000 Bürgerbriefe sind nur 2 Zahlen aus dem Wahlkampf. Darüber hinaus zeigen eine Veranstaltung der Fraktion vor Ort mit Katja Kipping und eine Veranstaltung des Dortmunder Kreisverbandes mit Oskar Lafontaine die große Unterstützung auf.

Man kann es aber nicht beschönigen – die Wiederholungswahlen in Dortmund waren eine klare Niederlage für DIE LINKE. Gegenüber den Landtagswahlen sind noch einmal 3000 Stimmen verlorengegangen und gegenüber der Kommunalwahl 2009 sogar rund 6000 Stimmen. Da tröstet es auch nicht, dass aufgrund der katastrophal niedrigen Wahlbeteiligung von nur 32,7% (14% weniger als 2009) alle angetretenen Parteien ebenfalls Verluste bei den absoluten Stimmen hatten. (SPD -14.402 / CDU -19.689 / Grüne -6.796 / LINKE -6.310 / FDP -9.367 / Bürgerliste -1.305 / Nazis -2.000 / Linkes Bündnis (DKP/SDAJ) -401)

Es ergibt sich ein prozentuelles Wahlergebnis von SPD 43,7% (+5,9) / CDU 27,2 % (-1,5) / Grüne 17,2% (+1,8) / LINKE 3,5% (-2,0) / FDP 2,6% (-3,7) / Bürgerliste 1,9% (-0,1) / NPD 1,9% (-0,4, 2009 hatten NPD und DVU 0,8% und 1,5%) / FBI 1,2 % (+0,1) / Linkes Bündnis (DKP+SDAJ) 0,5% (-0,1).

Daraus leitet sich für den Rat, bei 10 Ausgleichsmandaten weniger als 2009, folgende Sitzverteilung ab: SPD 38 + OB (+1) / CDU 23 (-5) / Grüne 15 (0) / LINKE 3 (-2) / FDP 2 (-4) / Bürgerliste 2 (0) / NPD 2 (0, seit 2009 hatten NPD und DVU je 1 Sitz) / FBI 1 (0)

Für DIE LINKE ist der Fraktionsstatus im Rat damit knapp gerettet worden.

Bei den Bezirksvertretungswahlen sind die Verluste ähnlich. Allerdings haben wir von den 13 BezirksvertreterInnen aus 2009 nur 2 verloren. Selbst der Fraktionsstatus in den Innenstadt-Nord konnte erhalten werden, wo allerdings die Wahlbeteiligung mit 16,7% noch einmal erheblich niedriger lag als im Stadtdurchschnitt.

Insgesamt also eine verlorene Wahl – der große Wahlbetrüger SPD von 2009, wegen dem überhaupt die Wiederholungswahl stattfand, ist gestärkt aus der Wahl hervorgegangen. Die 8000 Mitglieder der Dortmunder SPD und die gute Vernetzung in den Vereinen, Verwaltungen und Verbänden haben eine Mindestmobilisierung erzeugt, der die anderen Parteien aufgrund ihrer Größe (CDU 3000 Mitglieder, Grüne und Linke bei 300) nichts Vergleichbares entgegen setzen konnten. Wenn nur noch die Mitglieder und ihre Freunde wählen gehen und sonst keiner mehr an der Wahl teilnimmt, dann gewinnt derjenige, mit der größten Mitgliedschaft haushoch. Und das unabhängig von der Vorgeschichte.

Für DIE LINKE zeigt sich dies auch in der Wählerbefragung des Amtes für Statistik und Wahlen. Zusammen mit Grünen und der FDP verfügten unsere Wähler über das höchste Bildungsniveau aller Parteien. Das heißt im Umkehrschluss aber, dass Arbeiter oder Erwerbslose im großen Stil nicht zur Wahl gegangen sind und nur noch linksintellektuelle Wählerschichten oder Beschäftigte der Stadtverwaltung im Dortmunder Wahlkampf erreicht wurden.

Ein Thema mit durchschlagender Wirkung war das Thema des gescheiterten Versuches von Jamaika zwei Stadtbezirke im Norden Dortmunds aufzulösen. SPD und LINKE hatten seinerzeit die Auflösung gemeinsam verhindert. Offenbar wurde dieser Erfolg von den BürgerInnen aber einseitig ausschließlich der SPD zugeschrieben. Während die SPD in den 5 durch die Auflösung betroffenen Stadtbezirken Zugewinne von rund 10% erzielen konnten und nun in 3 Bezirksvertretungen die absolute Mehrheit bilden, hatten wir auch dort die 2% Verluste wie im sonstigen Stadtgebiet.

Wenig überraschend ist leider, dass auch in Dortmund wieder erheblich weniger Frauen DIE LINKE wählen als dies Männer tun. In der Altersgruppe 25-44 Jahre zeigt sich zudem ein deutlich unterschnittlicher Wählerzuspruch, während wir bei den Erstwählern und bei allen Altersgruppen oberhalb von 45 Jahren überdurchschnittliche Werte erzielt haben.

Interessant ist auch der Wählerzuspruch nach dem Geburtsort. Gebürtige DortmunderInnen wählen DIE LINKE deutlich unter dem Durchschnitt. Deutsche, die in anderen Regionen Deutschlands geboren wurden, wählen dagegen DIE LINKE überdurchschnittlich oft und MigrantInnen wählen uns sogar doppelt so stark wie im Durchschnitt.

Eine gewisse Aussagekraft für zukünftige Wahlkämpfe kann die Frage haben, welcher Wahlaspekt für die Wahlentscheidung die wichtigste Rolle hatte: Bundespolitik, Landespolitik, Kommunalpolitik oder der/die KandidatIn. Beim Wahlsieger SPD antworten die WählerInnen, dass die Landespolitik die größte Bedeutung für ihre Wahlentscheidung hatte und die Kommunalpolitik sowie die aufgestellten KandidatInnen die geringste Bedeutung. Es scheint also so, dass angesichts der Haushaltslüge die Menschen trotzdem SPD gewählt haben um die Regierung Kraft nicht zu beschädigen, obwohl sie von der lokalen SPD deutlich weniger überzeugt sind, als das Wahlergebnis aussagt.

Bei der LINKEN ergibt sich ein spiegelverkehrtes Bild, auch wenn natürlich nicht gesagt werden kann, wie denn die Erwerbslosen und Arbeiter die nicht zur Wahl gegangen sind, diese Fragen beantworten würden: Unsere WählerInnen haben der Landespolitik jedenfalls die geringste Bedeutung für ihre Wahlentscheidung beigemessen. Die Bundespolitik hatte dagegen einen deutlich überdurchschnittlichen Stellenwert für die Wahlentscheidung. Die Kommunalpolitik hatte Bedeutung in gleicher Größenordnung wie der Wählerzuspruch. Die weitaus größte Bedeutung für die Wahlentscheidung unserer Wähler hatten allerdings die aufgestellten KandidatInnen. Und das obwohl wir genauso wie im vergangenen Landtagswahlkampf keinen Personenwahlkampf gemacht haben, sondern einen Themenwahlkampf. Diese Themen waren auch von der Bevölkerung angenommen worden, wie eine Umfrage des Dortmunder START-Institutes gezeigt hatte. Kinderarmut hatte Platz 1 der wichtigen Themen. Mehr als 90% fanden das Wahlkampfthema Rechtsextremismus wichtig. Aber wegen der richtigen Themenauswahl alleine, wird man offensichtlich nicht gewählt. Dies hat die Landtagswahl mit der Dortmunder Kommunalwahl gemeinsam.

Ein Gegenbeispiel war der Sonderfall Wickede. Hier konnten die Grünen nicht antreten, weil sie bei der Kandidatenaufstellung einen Fehler gemacht hatten. Zufälligerweise war dies ausgerechnet mein Wahlkreis, und den Elfmeter konnte ich als Umweltpolitischer Sprecher meiner Fraktion leicht und locker verwandeln. Hier ist es über eine Verknüpfung der Umwelt- (Schnellstrassenbau/Flughafen) und Sozialthemen (Alleinerziehende und Hartz IV, Wohnungspolitik) mit mir als Kandidaten gelungen die Stimmen der Grünen nahezu vollständig auf die Linke zu ziehen und die SPD um ~10% im lokalen Ergebnis gegenüber den sonstigen Umfeld zu drücken. Im Spitzenwahllokal ergab sich dadurch ein Wahlergebnis von 23,4%. Für die Wahlkampfstrategie 2014 ist sicher aus der Wahl in Dortmund zu lernen, dass eine Mischung von Themen und Personen notwendig ist. Ohne die Darstellung der Menschen die für unsere Themen glaubwürdig, kontinuierlich und lokal verankert einstehen, sind Wahlen offensichtlich nicht zu gewinnen. Aber sie sind zu gewinnen und das sollte uns Hoffnung machen.

Freitag, 29. Juni 2012

Fiskalpakt - das Ende der Demokratie

Außerhalb der Reihe für die dieser Blog eigentlich gedacht ist, halte ich es für nötig, eine Rede von Sarah Wagenknecht zu verlinken.

http://www.youtube.com/watch?v=A7i6gwDSTyo&feature=youtu.be&a

Hartz IV ist schlimm. Agenda 2010 ist schlimm. Der Betrug mit der Riesterrente im Auftrag der Versicherungskonzerne ist schlimm. Das korrupte Verhalten der Bundesregierung bei der Steuerentlastung für Hoteliers war offensichtlich.

Das was jetzt mit dem Fiskalpakt und dem ESM geschieht ist eine Katastrophe. Wir werden herabgestuft auf finsterste Zeiten des Frühkapitalismus. Das Grundgesetz wird Makulatur. Die Demokratie ist mit dieser Entscheidung faktisch abgeschafft. Ein Trauerspiel ...


Sonntag, 3. Juni 2012

Der große Knall ist ausgeblieben – Chance für einen Neuaufbruch der LINKEN (Ein Kommentar)


Nach der inzwischen mehrjährigen Auseinandersetzung zwischen Lafontaine und Bartsch, die zum Parteitag einen weiteren Höhepunkt fand, besteht nun eine realistische Chance für einen Neubeginn der LINKEN ist Ost und West. Die Anhänger Lafontaines atmen erleichtert auf – ein befürchteter Durchmarsch des Flügels rund um das „Forum Demokratischer Sozialismus“ (FDS), dass überwiegend in Ostdeutschland seinen Schwerpunkt hat, ist ausgeblieben. Auch Dietmar Bartsch selbst – bis zuletzt unbelehrbar hinsichtlich seiner fatalen Wirkung auf den Zusammenhalt der Partei – wurde im Wahlgang gegen den neuen Parteivorsitzenden Riexinger von den Delegierten zurückgewiesen.

Bartsch selbst kann für sich in Anspruch nehmen, eine erneute Kandidatur von Lafontaine verhindert zu haben, zum Schaden der Partei wie der Ex-Vorsitzende Klaus Ernst noch einmal mit Blick auf Lafontaines Wirkung in der klassischen SPD-Wählerschaft betonte. Damit hat Bartsch zwar bei vielen eher linkeren Strömungen der Partei und vielen strömungsunabhängigen Mitgliedern sein Ansehen endgültig verspielt, aber innerhalb seines eigenen Lagers den Gesichtsverlust trotz der Abstimmungsniederlage vermieden. Der Bartsch-Flügel wird sich bezogen auf die Person Lafontaine nun damit beruhigen können, einen Störfaktor im Verhältnis zur SPD losgeworden zu sein. Außerdem stellt dieser Flügel den Bundesgeschäftsführer und den Schatzmeister der Partei, hat also mit dem Karl-Liebknecht-Haus mit seinem Verwaltungsapparat die Infrastruktur der Partei weiterhin unter Kontrolle und auch im erweiterten Parteivorstand etliche Weggefährten wie z.B. Klaus Lederer, Hallina Wawzyniak oder Katina Schubert unterbringen können.

Die Anhänger des sogenannten Dritten Weges mit den Spitzenkandidaturen von Katja Kipping und Katharina Schwabedissen können in der Summe sicher ebenso zufrieden sein. Zwar wurde die NRW-Landeschefin und Spitzenkandidatin der verkorksten NRW-Wahl zwar munter durchgereicht. Sie stellen mit Kipping aber nun die Vorsitzende und haben mit Caren Lay und Jan van Aken gleich zwei weitere Leute in den geschäftsführenden Vorstand entsendet, von denen allerdings nur van Aken in dieser promininenten Stellung wirklich neu ist. Sie werden nun daran gemessen werden, inwieweit sie ihren Ankündigungen für einen neuen politischen Stil gerecht werden. Dieser neue Stil stellt die eigentliche Chance dar, die bisherigen Flügelkämpfe aufzubrechen und trotzdem dem Erfurter Programm zur Geltung zu verhelfen.

Auf letzteres wird alleine schon der Gewerkschaftsflügel um Bernd Riexinger und Axel Trost achten, aber nicht zuletzt auch Sarah Wagenknecht, die erneut stellv. Parteivorsitzende wurde und deren innerparteilischer Einfluss nach ihrem erfolgreichen Vorschlag der Doppelspitze Kipping/Riexinger eher zunehmen dürfte. Der neue stellv. Vorsitzende Trost wiederum als langjähriger WASG-Weggefährte von Klaus Ernst zeigt, dass die Gewerkschafter ihre bisherige Position durchaus gehalten haben. Das unterstreicht auch die Wiederwahl von Michael Schlecht und die erstmalige Wahl von Ex-Fraktionschef Wolfgang Zimmermann aus NRW in den Parteivorstand, die wie Riexinger beides Verdi-Funktionäre sind. Riexinger wiederum weist über die reine Gewerkschaftslinie allerdings deutlich hinaus – als Mitorgansisator der Proteste gegen das Bahnhofsprojekt Stuttgart21 hat er gezeigt, dass er in der Lage ist außerparlamentarischen Widerstand sehr geschickt und effektiv zu mobilisieren. Und genau das braucht DIE LINKE nun.

Alles in allem gibt es also anders, als manche Medien es darzustellen versuchen keine echten Verlierer. Das es auch keinen klaren Gewinner gibt - von den Medien und konkurrierenden Parteien als Indiz für einen Zerfall der Partei gewertet - ist dagegen positiv zu sehen. Es hat keiner der Flügel gewonnen. Dafür hat die gesamte Partei gewonnen. Der Neuanfang sollte nun die gesamte Partei erfassen und die personellen Strömungskämpfe durch eine solidarische inhaltliche Debatte ersetzen.

Mittwoch, 23. Mai 2012

Zwischenbilanz: DIE LINKE im Dortmunder Rat


Nach der Auflösung des Rates der Stadt Dortmund ist es Zeit für eine kleine Zwischenbilanz der Tätigkeit unserer Ratsfraktion in den vergangenen 2 ½ Jahren. Eine Vielzahl von Anträgen und Initiativen sind von unserer Fraktion gestartet worden und es ist bemerkenswert, dass eine fünfköpfige Fraktion in einem Rat mit 97 Mitgliedern immer wieder große Erfolge hatte.

Nicht zuletzt ist das Zustandekommen der Wahlwiederholung einer dieser Erfolge. 2009 hatte der damalige Oberbürgermeister Langemeyer (SPD) sowohl den Stadtrat als auch die Öffentlichkeit belogen und über ein gewaltiges Haushaltsloch getäuscht, das er in seiner Amtszeit aufgebaut hatte. Einen Tag nach der Kommunalwahl verhängte die damalige Kämmerin eine Haushaltsperre. Nur eine Woche nach der Kommunalwahl haben wir Linken als erste Partei beantragt, die Wahlen für ungültig zu erklären, weil die Täuschung des Oberbürgermeisters eine Unregelmäßigkeit bei der Vorbereitung der Wahlen nach dem Kommunalwahlgesetz darstellt. Diese Haltung der Linken wurde bis in die letzte Instanz gerichtlich bestätigt, nachdem sich zwar eine Ratsmehrheit und die Bezirksregierung dieser Haltung anschlossen, aber 10 SPD-Ratsvertreter Klage gegen eine Wiederholung der Wahl eingereicht hatten.

Alle Wahlversprechen der Regierungsparteien aus dem Kommunalwahlkampf waren angesichts des Haushaltsloches hinfällig. Die SPD hatte zusammen mit den Grünen den ohnehin unterfinanzierten und durch Land und Bund ausgebluteten Stadthaushalt mit überteuerten Leuchtturmprojekten gründlich vor die Wand gefahren. Nach dem dramatischen Zerwürfnis der Rot-Grünen Koalition und dem folgendem Zusammenwirken einer großen Haushaltskoalition aus CDU und SPD viel der Linken die Rolle einer Fundamentalopposition gegen soziale Kürzungen in Dortmund zu. Wir waren das soziale Gewissen des Rates der Stadt Dortmund und haben dem Kämmerer und den Akteuren der anderen Parteien ein ums andere Mal die Schamesröte ins Gesicht getrieben und auch unseriöse Finanzierungsmodelle wie Private-Public-Partnership (PPP) offengelegt. Nicht zuletzt steht die Umsetzung unseres erfolgreich im Rat beschlossenen Antrages alle 1-Euro-Jobs in der Nordstadt in sozialversicherungspflichtige Arbeitsstellen umzuwandeln, durch die Verwaltung immer noch aus. Umgesetzt wurde dagegen der Erhalt der bestehenden Wirtschaftsküchen bei FABIDO, wo wir die Kürzungspläne stoppen konnten. Für die Jugendfreizeitstätten konnten wir festschreiben, dass im Falle einer Ausgliederung weiterhin der Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes einzuhalten ist. Damit ist eine Privatisierung der Jugendfreizeitstätten unwirtschaftlich geworden und sie bleiben Teil der kommunalen Daseinsvorsorge.

Zum großen Showdown in den Auseinandersetzungen um Kürzungen in der Stadt kam es, als mit Huckarde und Eving auf eine gemeinsame Initiative von CDU und Grünen gleich zwei Stadtbezirke aufgelöst werden sollten. Einer Jamaika-Koalition stand ein Rot-Rotes Minderheitsbündnis zum Erhalt der Stadtbezirke gegenüber – dennoch konnte der Kahlschlag knapp mit nur einer Stimme im Rat verhindert werden. SPD und Linke waren sich sicher nie so nah wie in diesem Moment, der eine Sternstunde der kommunalen Demokratie in der gesamten bisherigen Wahlperiode darstellte.

Doch SPD und Linke und waren sich nie so fern wie beim Thema Sozialticket. Hier konnten wir uns gegen die Rotstiftfraktionen nicht behaupten. Das Dortmunder Sozialticket für Bedürftige zum Preis von 15 Euro wurde eingestellt und durch ein Firmenabo zum Preis von 32 Euro ersetzt. Zu viel für die Empfänger von Sozialleistungen – von 24000 Nutzern blieben innerhalb kürzester Zeit keine 7000 Nutzer mehr übrig. Ein Armutszeugnis in einer Stadt die in einer Studie des deutschen paritätischen Wohlfahrtsverbandes das zweithöchste Armutsrisiko aller deutschen Großstädte aufweist.

Doch nicht nur im sozialpolitischem Bereich haben wir Akzente gesetzt. Nicht Fehlen darf in einer Zwischenbilanz die Annahme unseres Begleitantrages zum STEAG-Geschäft. Wir haben hier die Pflöcke für eine weitere ökologische und soziale Entwicklung hin zum größten kommunalen Energieerzeuger Deutschlands gesetzt. Uns ist es zu verdanken, dass die Kommunen nicht in das Geschäftsfeld Atomwirtschaft einsteigen und die STEAG-Beteiligung am atomaren Zwischenlager in Ahaus abgestoßen werden muss. Der Aufsichtsrat der STEAG hat diesen Beschluss inzwischen nachvollzogen. Auch geht es auf unser Konto, dass der Rat der Stadt Dortmund die rot-grüne Landesregierung aufgefordert hatte, den Atomtransporten in NRW endlich ein Ende zu machen. Genauso ist es unser Erfolg, dass ein kommunaler STEAG-Beirat einzurichten ist, der ein Wechselspiel zwischen Politik, Wissenschaft, Gewerkschaften und Umweltverbänden mit dem Konzern STEAG überhaupt erst ermöglicht.

Wesentlichen Anteil hatte DIE LINKE an der Aufklärung des größten PCB-Skandals der Bundesrepublik in den letzten Jahrzehnten, der sich am Dortmunder Hafen abgespielt hat. Wir waren diejenigen, die Envio als Verursacher 2009 in die Diskussion überhaupt erst eingebracht haben und lassen bis heute nicht locker den Hergang, der zur Vergiftung von mehr als 300 Arbeitnehmern geführt hat, ans Licht der Öffentlichkeit zu bringen.

Ein Linkes Kernthema ist seit jeher die Bekämpfung faschistischer Umtriebe. Das gilt vor allem außerparlamentarisch, aber auch im Rat der Stadt. Aufgrund unserer Initiative bewirbt sich Dortmund beispielsweise als Mitgliedsstadt bei der Unesco-Initiative „Stadt gegen Rassimus“. Die im Land von der ehemaligen Linksfraktion durchgesetzte Opferberatungsstelle Backup stellt einen großen Schritt nach vorne dar, sich nicht nur mit den Tätern zu beschäftigen, sondern auch den Opfern mehr Hilfen, Anerkennung und Zuwendung zuteil werden zu lassen. Durch das Wirken der Linken Ratsfraktion hat sich in dieser Wahlperiode auch im Rat ein Stimmungswandel vollzogen. Gab es 2009 noch Verharmlosungsdebatten in Bezug auf die Dortmunder Neonaziszene ist inzwischen im Bewusstsein einer Ratsmehrheit und der Verwaltung angekommen, dass Dortmund hier ein massives Problem hat. Dieser Bewusstseinswandel wirkt sich bis weit in die Zivilgesellschaft aus.

Eine Liste mit Verbesserungen und Abwehrerfolgen bei Kürzungsplänen ließe sich sicher noch auf mehrere Seiten ausdehnen. Ob es in der Wohnungspolitik die Vorkaufsrechtssatzungen in Westerfilde oder Lanstrop waren, ob es um die Sanierung der LEG-Siedlung in Wickede ging oder der Schutz des Pleckenbrinksees, ob es der Erhalt der Schulbusse für die Dortmunder Förderschulen war, ob es die Abwehrversuche bei der Schließung von Schulen waren, ob es um ein warmes Mittagessen an der Anne-Frank-Gesamtschule und die Gebäudesanierung ging, ob es um Verbesserungen im Nordstadtkonzept der Stadt ging, oder ob es um den Schutz von Freiraumflächen am Groppenbruch oder im Dortmunder Osten geht – überall hatten und haben die Linken ihre Finger mit im Spiel und verändern die Dinge zum positiven.