Mittwoch, 4. September 2013

Was ist eigentlich los in Ägypten ?



Ein politischer Reisebericht jenseits unserer Medienmeldungen

Um es vorweg zu nehmen: Der folgende Bericht hat sicher keine Allgemeingültigkeit für alle Regionen Ägyptens, sondern spiegelt das wieder, was ich in den Touristenzentren des südlichen Sinais – insbesondere in Dahab – erlebt und wahrgenommen habe. In allen drei Urlauben habe ich im gleichen Hotel ein bisschen außerhalb von Dahab gelebt.

Ich war nun bereits zum dritten Mal in Dahab. Meine erste Reise unternahm ich vor 5 Jahren im Jahr 2008 als Mubarak noch Präsident von Ägypten war. Damals wurde ich auf dem Weg vom Flughafen Sharm-El Sheik bis nach Dahab (2 Stunden Autofahrt) vier Mal an Straßensperren des Militärs angehalten und musste mich einer Personenkontrolle unterziehen. Auf dem Flughafen Sharm-El Scheik patrouillierten Militärs mit Maschinenpistolen, die aber aufgrund ihrer ruhigen und zurückhaltenden Art erstaunlicherweise kaum bedrohlich wirkten, sondern die Sicherheit auf dem Flughafen garantierten.

In Dahab selbst waren die Hotels ausgebucht. Neben den Europäern von denen Deutsche, Briten, Italiener, Tschechen und Russen die größten Anteile hatten, machten auch viele Ägypter vor allem aus der Metropole Kairo dort Urlaub. Sowohl Kopten als auch Muslime waren vertreten. Die Frauen waren hochgeschlossen gekleidet und am Strand gingen die Frauen in voller Gewandung ins Wasser, um die Blicke der Männer nicht zu verführen. Das Verhältnis zwischen Ägyptern und den auf dem Sinai lebenden Beduinen schien allerdings nicht zum Besten bestellt, denn diese wurden in aller Regelmäßigkeit verscheucht und auf Abstand gehalten, was diese durch Bemerkungen honorierten, dass der Sinai eigentlich ihr Land sei. Wer Kontakt zu den Einheimischen wollte, musste diesen schon in eigener Regie aufnehmen. Die Beduinen erzählten ihrerseits von der großen sozialen Not und von einem informellen Abkommen mit Israel – wer krank oder schwer verletzt ist, wurde von den Israelis per Hubschrauber zur Behandlung nach Israel gebracht, medizinisch behandelt und danach wieder zurückgebracht. Die ägyptische Führung kümmerte sich um das Wohl der Beduinen dagegen ins keiner Weise.

Vor zwei Jahren, also 2011 war ich zum zweiten Mal dort. Mubarak war gerade erst durch eine Revolution breiter Teile der Bevölkerung abgesetzt worden. Mursi war zu diesem Zeitpunkt aber noch nicht Präsident Ägyptens. Das Militär war verschwunden. Auf dem Weg zwischen Sharm-El Sheik und Dahab winkten die desinteressiert wirkenden Polizisten an zwei Polizeiposten die Transferbusse einfach durch. Das Hotel war etwa zur Hälfte ausgebucht. Eine demokratische Revolution war den Europäern offenbar nicht geheuer und sie zogen andere Reiseziele vor, was sowohl von den im Hotel arbeitenden Ägyptern als auch von den anwesenden Europäern kaum verstanden wurde.

Doch dann die erste Überraschung. Mitten im Hotel gab es gut versteckt in einem als Appartmenthaus getarntem Gebäude eine koptische Kirche. Der Besitzer des Hotels – ebenfalls ein Kopte – outete sich nach der Revolution und hoffte auf ein Ende der bisherigen Repression gegen seine Glaubensgemeinde. Die Verwaltung von Dahab reagierte entsprechend. Sie richtete einen Busshuttle zwischen dem Ort und dem Hotel ein – nicht der Touristen wegen, sondern damit in Dahab lebende Kopten die Kirche im Hotel besuchen konnten, denn im Ort gab es keine Kirche. Touristen aus Kairo waren kaum vorhanden – offenbar waren die Menschen beschäftigt. Auch das Verhältnis zwischen Beduinen und Ägyptern schien sich verbessert zu haben. Anstatt die Beduinen zu verjagen hatte man sich arrangiert. In geringem Umfang waren Beduinenkinder zum Verkauf von selbst herstellten Freundschaftsbändchen zugelassen und die Männer warben dafür ihre Dromedare und Pferde mieten zu können – auch für Ausflüge ins Landesinnere. Eine gute Einnahmequelle für die Beduinen, die nun ebenfalls vom Tourismus profitierten.

Und nun im Jahr 2013 war ich erneut in Dahab. Der zwischenzeitlich demokratisch gewählte Präsident Mursi von der Muslimbruderschaft war gerade erst vom Militär abgesetzt. Blutige Auseinandersetzungen mit hunderten Toten in der Region Kairo hatten bereits stattgefunden. Der Flughafen Sharm-El Sheik wirkte wie eine leere große Halle. Es gab kaum Touristen. Das Hotel in Dahab war nur zu rund 20% ausgebucht. Auf dem Weg zwischen Sharm-El Sheik und Dahab gab es wieder verstärkte Polizeistellungen. Diese winkten aber die Fahrzeuge mit Touristen unbehelligt durch. Dennoch: Die vor zwei Jahren nur leicht bewaffneten Polizisten waren durch Maschinengewehrstellungen aufgerüstet worden. Man wollte wohl kein Risiko eingehen. Entsprechend abgeriegelt war Dahab. Ausflüge ins Innere des Sinai waren plötzlich aus Sicherheitsgründen verboten.

Überrascht war ich, dass es mir nicht gelungen ist, einen Gegner des Militärputsches zu finden. Egal wen man fragte – ob Kopten, Muslime oder Beduinen – alle waren mit der Absetzung Mursis einverstanden. Die einzigen kritischen Stimmen monierten die Erschießungen von Muslimbrüdern auf den Demos. Aber Mursi und die Moslembrüder hatten sich in dieser Region alle Sympathien gründlich verscherzt. Mit dem Putsch waren die Menschen sehr zufrieden. Nach den Gründen für diese Haltung gefragt kam zutage, dass Mursi weit davon entfernt war ein Demokrat zu sein und der Putsch nicht die Demokratie gefährdete, die Mursi ohnehin ad absurdum führte. Die Verfassungskommission wurde von den Moslembrüdern dominiert und sie nutzen ihre Mehrheit um zu versuchen aus Ägypten einen islamischen Gottesstaat unter der Scharia zu machen. Kaum war die Verfassung verabschiedet wurde sie vom ägyptischen Verfassungsgericht auch gleich wieder einkassiert. Dass die christlich-orthodoxen Kopten mit einer radikalislamischen Gruppe nichts anfangen konnten ist geradezu selbsterklärend, aber vor allem die muslimischen Frauen haben sich inzwischen viele neue Spielräume erkämpft.

Das war auch am Strand zu sehen. Vorbei die Zeit als ägyptische Frauen in langen Gewändern mehr versuchten nicht im Meer zu ertrinken als wirklich zu schwimmen. Sie trugen nun nach westlichem Vorbild Badeanzüge. Und unter den Bediensteten des Hotels gab es etliche Frauen, die sogar das Kopftuch ablegten und sich gegen spitze Bemerkungen der Männer sehr erfolgreich zur Wehr setzten. Auf dem Inlandsflug nach Kairo, wo mein Flieger nach Deutschland auf mich wartete, waren sogar selbstbewusste muslimische Frauen im Minirock zu sehen. Während des gesamten Aufenthalts konnte ich nur eine einzige Frau in einer Burka erblicken. Und auch alleinreisende Frauen gab es nun, die „einfach mal raus“ wollten.

Für das Militär gab es aber auch ein gewichtiges außenpolitisches Argument Mursi abzusetzen, denn Mursi hatte zum heiligen Krieg in Syrien aufgerufen. Spätestens zu diesem Zeitpunkt beschlossen die Militärs die Notbremse zu ziehen. Das war ein Argument, dem ich immer wieder begegnet bin. 

Mittwoch, 13. März 2013

Ein Vermieterhandbuch gegen Nazis ? Skandalöses aus dem Dortmunder Rat


Als einer meiner Mitarbeiter in der Fraktionsgeschäftsstelle mit der Idee auf mich zu kam, die Stadt dazu zu veranlassen ein Handbuch herauszugeben, dass Vermietern und Verkäufern von Immobilien Ratschläge im Umgang mit potentiellen Neonazis als Mieter oder Käufer ihrer Objekte gibt, hielt ich dies sofort für eine gute Idee. Schließlich hat Dortmund ein gewaltiges Naziproblem, dass nicht mal im Ansatz gelöst ist. Die Erfahrungen aus Dorstfeld und Huckarde, wo Nazis Ladenlokale bezogen hatten und versuchten über den Zusammenzug von Nazis aus dem Umfeld eine ihrer widerlichen „national befreiten Zonen“ zu errichten, die wir aus anderen Städten - besonders in Ostdeutschland - zur Genüge kennen, bestärkte unsere Fraktion die Sache anzugehen. Da sogar der NRW-Innenminister die Dortmunder Nazikameradschaft für so gefährlich hielt, dass er sie als verfassungsfeindliche Organisation verboten hat, erschien das Vorhaben ein unter Demokraten wohl Unstrittiges zu sein – nach Bekanntwerden der Kontakte der Dortmunder Naziszene zu den NSU-Terroristen im Untersuchungsausschuss des Bundestages insbesondere. Ich hätte daher nicht im Traum daran gedacht zu welcher unglaublichen Geschichte sich die Sache aufblasen würde.

Zur Ratssitzung am 14.2.2013 stellten wir also den Antrag ein „Handbuch für Vermieter, Verwalter und Verkäufer - Wie umgehen mit Anmietungs- und Kaufversuchen Rechtsextremer?“ herauszugeben. Kurz vor der Sitzung bat mich der stellv. Fraktionsvorsitzende der SPD um ein Gespräch und bat mich zuzustimmen, den Antrag in den Ausschuss für Umwelt, Stadtgestaltung, Wohnen und Immobilien (AUSWI) überweisen zu lassen. Die SPD sei sich noch uneinig über das Vorgehen, würde den Antrag aber nicht ablehnen wollen. Nach der Überweisung solle man dann etwas gemeinsames im Sinne der Zielsetzung unseres Antrages entwickeln, dass die SPD dann ebenfalls mittragen könne.

Dazu war ich natürlich gerne bereit. Entsprechend habe ich als erster Redner zum Thema in der Antragsbegründung den Vorschlag der SPD aufgegriffen und mich mit einer Überweisung in den AUSWI einverstanden erklärt. Eigentlich hätte die Ratsdebatte an dieser Stelle beendet sein können.

Als Nächstes war jedoch ein älterer Herr von der FDP an der Reihe, der in seine Rede den ganzen angestauten Hass auf Linke Politik in Deutschland legte und DIE LINKE auf eine Stufe mit den Nazis stellte. Dies konnte natürlich so nicht stehen gelassen werden und eine Ratskollegin der Grünen wies den unpassenden Vergleich des FDP-Ratsmitgliedes ebenso deutlich zurück. Der Oberbürgermeister ließ sich in der aufgeheizten Stimmung dazu hinreißen deutlich zu machen, dass er es für einen Grundrechtsverstoß halten würde, ein Handbuch wie vor uns vorgeschlagen herauszugeben, ebenso Ratsmitglieder von der CDU.

Das Ganze gipfelte in einem Eklat: Der Fraktionsvorsitzende der FDP stellte den Wortbeitrag der Grünen Ratsfrau in einem Wortbeitrag wortwörtlich in die Zeit zwischen 1933 und 1945. Auf Bundes- und Landesebene mussten schon Politiker für weniger zurücktreten.

Nach der dann endlich abgeschlossenen und im Niveau unterirdischen Debatte erfolgte dann die besagte Überweisung des Antrages in den AUSWI. Die Sitzungpause des Rates wurde dann vom Oberbürgermeister genutzt um den FDP-Chef ins Gebet zu nehmen und zu einer halbherzigen Entschuldigung gegenüber der Kollegin von den Grünen zu bewegen.


Entsprechend des besprochenen Verfahrens verabredeten sich der Kollege von der SPD und ich eine Woche vor der Sitzung des Ausschusses, um einen konsensfähigen Antrag vorzubereiten. Allerdings kam dann krankheitsbedingt eine kurzfristige Absage des Kollegen, so dass wir den Antrag per E-Mail und telefonisch vorbereiten mussten.

Zwischenzeitlich meldete sich auch die Ausschussvorsitzende von den Grünen in der Sorge, dass es eine ähnliche Schlammschlacht wie im Rat geben könnte, wenn der Antrag unverändert bliebe. Ich informierte sie daher über den aktuellen Stand der Gespräche und stellte den Ersetzungsantrag in Aussicht. Diesen wollten die Grünen nach Aussage der Ausschussvorsitzenden und Fraktionssprecherin dann mittragen.

Die Endabstimmung des Antrages stellte sich dann wieder als etwas zäh heraus. Der Kollege von der SPD hatte mit dem Leiter der Koordinierungsstelle gegen Rechtsextremismus in Dortmund gesprochen und wurde so auf eine Broschüre aus Köln aufmerksam – dort herausgegeben, unter anderem vom kommunalen Wohnungsunternehmen, vom DGB, ver.di und der NGG. Diese befasste sich mit dem Thema der Ladenlokale. Die SPD hatte zu diesem Zeitpunkt bereits beschlossen, dass Thema der Privatwohnungen nicht mit zu verabschieden.

Die Broschüre war allerdings hervorragend und der Antragsentwurf wurde dahingehend modifiziert, diese Broschüre zur Grundlage einer Dortmunder Broschüre zu machen. Zur Absegnung durch seine Fraktion leitete der SPD-Kollege (immerhin ja stellv. Fraktionsvorsitzender) den Antragsentwurf an die SPD-Fraktionsgeschäftsstelle weiter. Dies war bereits am Vortag der Ausschusssitzung.

In der Linken Geschäftsstelle hieß es dann auf die Änderungswünsche der SPD zu warten. Erst am Tage der Ausschusssitzung – am 13.3.2013 - konnten wir durch wiederholte Nachfragen in der SPD-Fraktionsgeschäftsstelle dann die Aussage erhalten, dass die SPD den Antrag gar nicht mittragen wolle, egal in welcher Formulierung. Über diese Aussage verwundert setzte ich den stellv. Fraktionschef der SPD in Kenntnis und dieser war mehr als angefressen und bat mich um Geduld. Er würde das noch regeln.

20 Minuten vor der Sitzung des Ausschusses begegneten wir uns eher zufällig wieder. Bis dahin hatten wir den Antrag immer noch nicht ins Gremiensystem eingestellt. Ich bot an, den kompletten Tagesordnungspunkt zurückzuziehen, wenn es bei der SPD keine Mehrheit dafür gäbe und wollte den Nazis nicht die Genugtuung gönnen, dass gegen sie gerichtete Anträge abgelehnt werden. Doch dieses Angebot hielt der SPD-Kollege für unnötig, weil er sich schon bei seinen Kollegen durchsetzen werde. Wir stellten den Antrag daher ein und gaben ihn als Tischvorlage in die Sitzung.

In der Ausschusssitzung schließlich versuchte die CDU zunächst den Tagesordnungspunkt komplett absetzen zu lassen. Ein kurzer Blickkontakt zur SPD - Kopfschütteln zum Ansinnen der CDU. Zu diesem Zeitpunkt musste ich davon ausgehen, dass der Kollege Erfolg hatte. Die Ausschussvorsitzende der Grünen wies auf unsere Tischvorlage hin und erklärte, dass damit wohl die Bedenken der Ratssitzung ausgeräumt wären. Der Antrag bleib damit auf der Tagesordnung.

Nach Aufruf des Tagesordnungspunktes stellte ich den Antrag in aller Kürze vor. Darauf meldete sich der Vorsitzende der SPD-Ausschussfraktion zu Wort und erklärte, dass die SPD den Antrag ablehnen werde, weil sie rechtliche Bedenken habe. Daraufhin meldete sich die Ausschusssprecherin der Grünen und erklärte Ähnliches (nicht ohne damit Bekundungen von KollegInnen einzuholen, die deren Bauchschmerzen mit dieser Entscheidung erklärten). Im Ergebnis war DIE LINKE die einzige Fraktion, die diesen Antrag unterstützte, während SPD, CDU, Grüne und FDP/Bürgerliste zusammen mit dem Vertreter der NPD gegen den Antrag stimmten.

Freitag, 8. Februar 2013

Hinterzimmerspielchen gegen Geringverdiener

Absprache von SPD und CDU zur Privatisierung der Gebäudereinigung geplatzt

Im Personalausschuss am 31.1. platzte eine Absprache zwischen SPD und CDU aus den Haushaltsberatungen 2013 die Gebäudereinigung der Stadt Dortmund komplett zu privatisieren. Anlass der Debatte war die Beratung eines gegenläufigen Antrages der LINKSFRAKTION, die Gebäudereinigung vollständig in die Regie der Stadt Dortmund zurückzuholen. Derzeit wird die Hälfte der Gebäudereinigung in der Regie der städtischen Immobilienwirtschaft durchgeführt und die andere Hälfte durch private Reinigungsfirmen. 

Der Antrag der LINKEN hatte eine Aussage des Personalberichtes für das Jahr 2011 (im Oktober 2012 dem Personalausschuss vorgestellt) zur Grundlage, nach der eine Gebäudereinigung in der Hand der Kommune um 30% günstiger sei als die Fremdvergabe an Private. Dem gegenüber stand eine Ratsvorlage des Dezernates Lürwer (CDU) nach der eine komplette Privatisierung rund 1,5 Mio. Euro günstiger für den städtischen Haushalt wäre.

In der Debatte des Personalausschusses stellte sich heraus, dass die Aussage des Personalamtes durch einen redaktionellen Fehler zustande kam und sich der 30% Kostenvorteil ausschließlich auf den Bereich der Arbeitnehmerüberlassung (Leiharbeit) bezieht. Allerdings stellte sich auch heraus, dass die Ratsvorlage aus dem Hause Lürwer tendenziös gestaltet und geleitet war von dem Interesse, dem Rat eine Zustimmung zur Privatisierung abzuringen. Eine Einbeziehung von vermehrten Kosten der Unterkunft für die Kommune wurde beispielsweise vergessen.

Folgerichtig teilte OB Sierau der CDU-Fraktion in öffentlicher Sitzung mit, dass die getroffene Vereinbarung nicht mehr gültig sei und die SPD nun beim Status Quo von 50% Eigenreinigung und 50% Fremdreinigung bleiben werde. 

Der Antrag der LINKEN aus Rekommunalisierung wurde allerdings von allen anderen Fraktionen abgelehnt. Dies ist besonders bedauerlich, da viele private GebäudereinigerInnen von ihrem Lohn nicht leben können, sondern trotz Arbeit von Transferleistungen wie Hartz IV abhängig sind. Von den schlechteren Arbeitsbedingungen ganz zu schweigen.

Montag, 26. November 2012

Dortmunder Rat weist Initiative zur Vermögenssteuer zurück

SPD-Fraktion blamiert sich bei Abstimmung zur Vermögenssteuer


Gegen die Stimmen von DIE LINKE und Bündnis90/Die Grünen hat der Dortmunder Rat es abgelehnt, der Initiative „Vermögenssteuer jetzt !“ beizutreten, mit der Druck auf die Bundesregierung entwickelt werden soll, wieder eine Vermögenssteuer zu erheben. Von CDU und FDP war aufgrund ihrer programmatischen Ausrichtung zugunsten der Besserverdienenden in der Gesellschaft nichts anderes als eine Ablehnung zu erwarten. 

Die Ablehnung der SPD-Fraktion war aber eher überraschend, denn damit fällt die Ratsfraktion der SPD im Vorfeld der Bundestagswahlen ihrer Bundespartei programmatisch in den Rücken. Sowohl Parteichef Sigmar Gabriel als auch die Generalsekretärin Andrea Nahles gehören schließlich zu den Erstunterzeichnern der Kampagne, ebenso wie Oskar Lafontaine und Sarah Wagenknecht oder ver.di-Chef Frank Bsirske. Entsprechenden Unmut in den Reihen der SPD-Fraktion gab es daher über das von der Fraktionsspitze vorgetragene Abstimmungsverhalten und ein knappes Viertel der SPD-Ratsmitglieder stimmte gegen ihre eigene Fraktionsspitze dem Antrag der LINKEN zur Vermögenssteuer zu.

Zunächst hatte die finanzpolitische Sprecherin der SPD, Jutta Starke, noch versucht eine Abstimmung über den Antrag zu verhindern, indem sie DIE LINKE darum bat den Antrag zurück zu ziehen. Dies mit der Argumentation, dass die Kommune keinen Einfluss auf die Bundesgesetzgebung habe. DIE LINKEN ersparten der SPD-Fraktion die Peinlichkeit gegen eine von den Bundesparteien der SPD, der Grünen und der LINKEN geforderte Vermögensabgabe abzustimmen allerdings nicht. 

Aus NRW sind inzwischen mehrere Städte wie Duisburg, Herne, Waltrop oder Iserlohn der Kamapne beigetreten. Darüber hinaus arbeiten die Landesregierungen aus NRW, Rheinland-Pfalz, Hamburg und Baden-Württemberg in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) an der Ausgestaltung einer künftigen Vermögenssteuer.

Samstag, 1. September 2012

Wiederholungswahlen in Dortmund oder wenn Demokratie im Endstadium ankommt


Zuerst darf ich mich bei allen Wahlkämpferinnen und Wahlkämpfern bedanken. Wir haben großartige Unterstützung des Landesvorstandes und vieler GenossInnen sowohl aus unserem Kreisverband als auch aus anderen Kreisverbänden erfahren, ohne die der Wahlkampf auf diesem Niveau gar nicht durchführbar gewesen wäre. 100.000 Knallrot-Wahlkampfzeitungen und 32.000 Bürgerbriefe sind nur 2 Zahlen aus dem Wahlkampf. Darüber hinaus zeigen eine Veranstaltung der Fraktion vor Ort mit Katja Kipping und eine Veranstaltung des Dortmunder Kreisverbandes mit Oskar Lafontaine die große Unterstützung auf.

Man kann es aber nicht beschönigen – die Wiederholungswahlen in Dortmund waren eine klare Niederlage für DIE LINKE. Gegenüber den Landtagswahlen sind noch einmal 3000 Stimmen verlorengegangen und gegenüber der Kommunalwahl 2009 sogar rund 6000 Stimmen. Da tröstet es auch nicht, dass aufgrund der katastrophal niedrigen Wahlbeteiligung von nur 32,7% (14% weniger als 2009) alle angetretenen Parteien ebenfalls Verluste bei den absoluten Stimmen hatten. (SPD -14.402 / CDU -19.689 / Grüne -6.796 / LINKE -6.310 / FDP -9.367 / Bürgerliste -1.305 / Nazis -2.000 / Linkes Bündnis (DKP/SDAJ) -401)

Es ergibt sich ein prozentuelles Wahlergebnis von SPD 43,7% (+5,9) / CDU 27,2 % (-1,5) / Grüne 17,2% (+1,8) / LINKE 3,5% (-2,0) / FDP 2,6% (-3,7) / Bürgerliste 1,9% (-0,1) / NPD 1,9% (-0,4, 2009 hatten NPD und DVU 0,8% und 1,5%) / FBI 1,2 % (+0,1) / Linkes Bündnis (DKP+SDAJ) 0,5% (-0,1).

Daraus leitet sich für den Rat, bei 10 Ausgleichsmandaten weniger als 2009, folgende Sitzverteilung ab: SPD 38 + OB (+1) / CDU 23 (-5) / Grüne 15 (0) / LINKE 3 (-2) / FDP 2 (-4) / Bürgerliste 2 (0) / NPD 2 (0, seit 2009 hatten NPD und DVU je 1 Sitz) / FBI 1 (0)

Für DIE LINKE ist der Fraktionsstatus im Rat damit knapp gerettet worden.

Bei den Bezirksvertretungswahlen sind die Verluste ähnlich. Allerdings haben wir von den 13 BezirksvertreterInnen aus 2009 nur 2 verloren. Selbst der Fraktionsstatus in den Innenstadt-Nord konnte erhalten werden, wo allerdings die Wahlbeteiligung mit 16,7% noch einmal erheblich niedriger lag als im Stadtdurchschnitt.

Insgesamt also eine verlorene Wahl – der große Wahlbetrüger SPD von 2009, wegen dem überhaupt die Wiederholungswahl stattfand, ist gestärkt aus der Wahl hervorgegangen. Die 8000 Mitglieder der Dortmunder SPD und die gute Vernetzung in den Vereinen, Verwaltungen und Verbänden haben eine Mindestmobilisierung erzeugt, der die anderen Parteien aufgrund ihrer Größe (CDU 3000 Mitglieder, Grüne und Linke bei 300) nichts Vergleichbares entgegen setzen konnten. Wenn nur noch die Mitglieder und ihre Freunde wählen gehen und sonst keiner mehr an der Wahl teilnimmt, dann gewinnt derjenige, mit der größten Mitgliedschaft haushoch. Und das unabhängig von der Vorgeschichte.

Für DIE LINKE zeigt sich dies auch in der Wählerbefragung des Amtes für Statistik und Wahlen. Zusammen mit Grünen und der FDP verfügten unsere Wähler über das höchste Bildungsniveau aller Parteien. Das heißt im Umkehrschluss aber, dass Arbeiter oder Erwerbslose im großen Stil nicht zur Wahl gegangen sind und nur noch linksintellektuelle Wählerschichten oder Beschäftigte der Stadtverwaltung im Dortmunder Wahlkampf erreicht wurden.

Ein Thema mit durchschlagender Wirkung war das Thema des gescheiterten Versuches von Jamaika zwei Stadtbezirke im Norden Dortmunds aufzulösen. SPD und LINKE hatten seinerzeit die Auflösung gemeinsam verhindert. Offenbar wurde dieser Erfolg von den BürgerInnen aber einseitig ausschließlich der SPD zugeschrieben. Während die SPD in den 5 durch die Auflösung betroffenen Stadtbezirken Zugewinne von rund 10% erzielen konnten und nun in 3 Bezirksvertretungen die absolute Mehrheit bilden, hatten wir auch dort die 2% Verluste wie im sonstigen Stadtgebiet.

Wenig überraschend ist leider, dass auch in Dortmund wieder erheblich weniger Frauen DIE LINKE wählen als dies Männer tun. In der Altersgruppe 25-44 Jahre zeigt sich zudem ein deutlich unterschnittlicher Wählerzuspruch, während wir bei den Erstwählern und bei allen Altersgruppen oberhalb von 45 Jahren überdurchschnittliche Werte erzielt haben.

Interessant ist auch der Wählerzuspruch nach dem Geburtsort. Gebürtige DortmunderInnen wählen DIE LINKE deutlich unter dem Durchschnitt. Deutsche, die in anderen Regionen Deutschlands geboren wurden, wählen dagegen DIE LINKE überdurchschnittlich oft und MigrantInnen wählen uns sogar doppelt so stark wie im Durchschnitt.

Eine gewisse Aussagekraft für zukünftige Wahlkämpfe kann die Frage haben, welcher Wahlaspekt für die Wahlentscheidung die wichtigste Rolle hatte: Bundespolitik, Landespolitik, Kommunalpolitik oder der/die KandidatIn. Beim Wahlsieger SPD antworten die WählerInnen, dass die Landespolitik die größte Bedeutung für ihre Wahlentscheidung hatte und die Kommunalpolitik sowie die aufgestellten KandidatInnen die geringste Bedeutung. Es scheint also so, dass angesichts der Haushaltslüge die Menschen trotzdem SPD gewählt haben um die Regierung Kraft nicht zu beschädigen, obwohl sie von der lokalen SPD deutlich weniger überzeugt sind, als das Wahlergebnis aussagt.

Bei der LINKEN ergibt sich ein spiegelverkehrtes Bild, auch wenn natürlich nicht gesagt werden kann, wie denn die Erwerbslosen und Arbeiter die nicht zur Wahl gegangen sind, diese Fragen beantworten würden: Unsere WählerInnen haben der Landespolitik jedenfalls die geringste Bedeutung für ihre Wahlentscheidung beigemessen. Die Bundespolitik hatte dagegen einen deutlich überdurchschnittlichen Stellenwert für die Wahlentscheidung. Die Kommunalpolitik hatte Bedeutung in gleicher Größenordnung wie der Wählerzuspruch. Die weitaus größte Bedeutung für die Wahlentscheidung unserer Wähler hatten allerdings die aufgestellten KandidatInnen. Und das obwohl wir genauso wie im vergangenen Landtagswahlkampf keinen Personenwahlkampf gemacht haben, sondern einen Themenwahlkampf. Diese Themen waren auch von der Bevölkerung angenommen worden, wie eine Umfrage des Dortmunder START-Institutes gezeigt hatte. Kinderarmut hatte Platz 1 der wichtigen Themen. Mehr als 90% fanden das Wahlkampfthema Rechtsextremismus wichtig. Aber wegen der richtigen Themenauswahl alleine, wird man offensichtlich nicht gewählt. Dies hat die Landtagswahl mit der Dortmunder Kommunalwahl gemeinsam.

Ein Gegenbeispiel war der Sonderfall Wickede. Hier konnten die Grünen nicht antreten, weil sie bei der Kandidatenaufstellung einen Fehler gemacht hatten. Zufälligerweise war dies ausgerechnet mein Wahlkreis, und den Elfmeter konnte ich als Umweltpolitischer Sprecher meiner Fraktion leicht und locker verwandeln. Hier ist es über eine Verknüpfung der Umwelt- (Schnellstrassenbau/Flughafen) und Sozialthemen (Alleinerziehende und Hartz IV, Wohnungspolitik) mit mir als Kandidaten gelungen die Stimmen der Grünen nahezu vollständig auf die Linke zu ziehen und die SPD um ~10% im lokalen Ergebnis gegenüber den sonstigen Umfeld zu drücken. Im Spitzenwahllokal ergab sich dadurch ein Wahlergebnis von 23,4%. Für die Wahlkampfstrategie 2014 ist sicher aus der Wahl in Dortmund zu lernen, dass eine Mischung von Themen und Personen notwendig ist. Ohne die Darstellung der Menschen die für unsere Themen glaubwürdig, kontinuierlich und lokal verankert einstehen, sind Wahlen offensichtlich nicht zu gewinnen. Aber sie sind zu gewinnen und das sollte uns Hoffnung machen.

Freitag, 29. Juni 2012

Fiskalpakt - das Ende der Demokratie

Außerhalb der Reihe für die dieser Blog eigentlich gedacht ist, halte ich es für nötig, eine Rede von Sarah Wagenknecht zu verlinken.

http://www.youtube.com/watch?v=A7i6gwDSTyo&feature=youtu.be&a

Hartz IV ist schlimm. Agenda 2010 ist schlimm. Der Betrug mit der Riesterrente im Auftrag der Versicherungskonzerne ist schlimm. Das korrupte Verhalten der Bundesregierung bei der Steuerentlastung für Hoteliers war offensichtlich.

Das was jetzt mit dem Fiskalpakt und dem ESM geschieht ist eine Katastrophe. Wir werden herabgestuft auf finsterste Zeiten des Frühkapitalismus. Das Grundgesetz wird Makulatur. Die Demokratie ist mit dieser Entscheidung faktisch abgeschafft. Ein Trauerspiel ...


Sonntag, 3. Juni 2012

Der große Knall ist ausgeblieben – Chance für einen Neuaufbruch der LINKEN (Ein Kommentar)


Nach der inzwischen mehrjährigen Auseinandersetzung zwischen Lafontaine und Bartsch, die zum Parteitag einen weiteren Höhepunkt fand, besteht nun eine realistische Chance für einen Neubeginn der LINKEN ist Ost und West. Die Anhänger Lafontaines atmen erleichtert auf – ein befürchteter Durchmarsch des Flügels rund um das „Forum Demokratischer Sozialismus“ (FDS), dass überwiegend in Ostdeutschland seinen Schwerpunkt hat, ist ausgeblieben. Auch Dietmar Bartsch selbst – bis zuletzt unbelehrbar hinsichtlich seiner fatalen Wirkung auf den Zusammenhalt der Partei – wurde im Wahlgang gegen den neuen Parteivorsitzenden Riexinger von den Delegierten zurückgewiesen.

Bartsch selbst kann für sich in Anspruch nehmen, eine erneute Kandidatur von Lafontaine verhindert zu haben, zum Schaden der Partei wie der Ex-Vorsitzende Klaus Ernst noch einmal mit Blick auf Lafontaines Wirkung in der klassischen SPD-Wählerschaft betonte. Damit hat Bartsch zwar bei vielen eher linkeren Strömungen der Partei und vielen strömungsunabhängigen Mitgliedern sein Ansehen endgültig verspielt, aber innerhalb seines eigenen Lagers den Gesichtsverlust trotz der Abstimmungsniederlage vermieden. Der Bartsch-Flügel wird sich bezogen auf die Person Lafontaine nun damit beruhigen können, einen Störfaktor im Verhältnis zur SPD losgeworden zu sein. Außerdem stellt dieser Flügel den Bundesgeschäftsführer und den Schatzmeister der Partei, hat also mit dem Karl-Liebknecht-Haus mit seinem Verwaltungsapparat die Infrastruktur der Partei weiterhin unter Kontrolle und auch im erweiterten Parteivorstand etliche Weggefährten wie z.B. Klaus Lederer, Hallina Wawzyniak oder Katina Schubert unterbringen können.

Die Anhänger des sogenannten Dritten Weges mit den Spitzenkandidaturen von Katja Kipping und Katharina Schwabedissen können in der Summe sicher ebenso zufrieden sein. Zwar wurde die NRW-Landeschefin und Spitzenkandidatin der verkorksten NRW-Wahl zwar munter durchgereicht. Sie stellen mit Kipping aber nun die Vorsitzende und haben mit Caren Lay und Jan van Aken gleich zwei weitere Leute in den geschäftsführenden Vorstand entsendet, von denen allerdings nur van Aken in dieser promininenten Stellung wirklich neu ist. Sie werden nun daran gemessen werden, inwieweit sie ihren Ankündigungen für einen neuen politischen Stil gerecht werden. Dieser neue Stil stellt die eigentliche Chance dar, die bisherigen Flügelkämpfe aufzubrechen und trotzdem dem Erfurter Programm zur Geltung zu verhelfen.

Auf letzteres wird alleine schon der Gewerkschaftsflügel um Bernd Riexinger und Axel Trost achten, aber nicht zuletzt auch Sarah Wagenknecht, die erneut stellv. Parteivorsitzende wurde und deren innerparteilischer Einfluss nach ihrem erfolgreichen Vorschlag der Doppelspitze Kipping/Riexinger eher zunehmen dürfte. Der neue stellv. Vorsitzende Trost wiederum als langjähriger WASG-Weggefährte von Klaus Ernst zeigt, dass die Gewerkschafter ihre bisherige Position durchaus gehalten haben. Das unterstreicht auch die Wiederwahl von Michael Schlecht und die erstmalige Wahl von Ex-Fraktionschef Wolfgang Zimmermann aus NRW in den Parteivorstand, die wie Riexinger beides Verdi-Funktionäre sind. Riexinger wiederum weist über die reine Gewerkschaftslinie allerdings deutlich hinaus – als Mitorgansisator der Proteste gegen das Bahnhofsprojekt Stuttgart21 hat er gezeigt, dass er in der Lage ist außerparlamentarischen Widerstand sehr geschickt und effektiv zu mobilisieren. Und genau das braucht DIE LINKE nun.

Alles in allem gibt es also anders, als manche Medien es darzustellen versuchen keine echten Verlierer. Das es auch keinen klaren Gewinner gibt - von den Medien und konkurrierenden Parteien als Indiz für einen Zerfall der Partei gewertet - ist dagegen positiv zu sehen. Es hat keiner der Flügel gewonnen. Dafür hat die gesamte Partei gewonnen. Der Neuanfang sollte nun die gesamte Partei erfassen und die personellen Strömungskämpfe durch eine solidarische inhaltliche Debatte ersetzen.